Gelsenkirchen.

Das Land hat Reformen für die Kitas in NRW und eine Verbesserung des Kinderbildungsgesetzes angekündigt. Die WAZ fragte bei Alfons Wissmann, Leiter des städtischen Referats für Erziehung und Bildung, nach.

Rot-Grün plant zum Teil erhebliche Veränderungen im Kinderbildungsgesetz. Sagen sie als Praktiker: „endlich“?

Alfons Wissmann: Eine Revision des Kinderbildungsgesetzes in 2011 war schon bei der Verabschiedung vorgesehen. Die Landesregierung will aber das Thema nun grundlegend und in allen Facetten aufgreifen und geht dabei teilweise deutlich über eine reine Revision hinaus. Das begrüßen wir ausdrücklich, weil es viel Nachjustierungsbedarf gibt.

Lassen Sie uns das vorgelegte Paket mal im Detail durchgehen. Rot-Grün will das letzte Kita-Jahr beitragsfrei stellen. Ein richtiger Schritt?

Wissmann: Das ist eine positive Entwicklung und ein notwendiger Schritt. Es gibt allerdings auch Praktiker, die sagen: Das erste Jahr sollte beitragsfrei sein, um die Motivation zu schaffen, dass Eltern ihre Kinder frühzeitig in die Kita geben. Wir wissen, dass nur ein dreijähriger Besuch letztlich gewährleistet, dass mögliche Entwicklungsdefizite ausgeglichen werden. Ich persönlich hätte auch lieber das erste Kita-Jahr beitragsfrei.

Die Landesregierung will die Betreuung unter dreijähriger Kinder durch zusätzliche Mittel für die Einstellung von Kinderpflegerinnen stärken.

Wissmann: Absolute Zustimmung! Eigentlich war das Modell „Kinderpflegerin“ ja ein Auslaufmodell. Doch gerade bei den ganz kleinen Kindern sind pflegerische Aufgaben ganz wichtig. Man muss nicht immer „in hoher Pädagogik“ die Windeln wechseln. Und wir brauchen auch Arbeitsplätze für junge Frauen, die nicht die intellektuellen Fähigkeiten haben, um Erzieherin zu werden.

Das Land beklagt, dass die Ausbildungsbereitschaft in den Kitas zu niedrig ist und will u.a. durch zusätzliche Finanzmittel für Berufspraktikanten gegensteuern. Ist die Ausbildung ein Problem?

Wissmann: Das ist ein Problem. Bei Gekita haben wir die Zahl der Ausbildungsplätze von 24 auf 27 erhöht. Es ist unser Ziel, jedes Jahr drei Plätze mehr zu schaffen, denn wir wissen, dass durch den Ausbau im Kindergartenbereich deutlich mehr qualifiziertes Personal gebraucht wird. Wenn das Land sich nun zusätzlich daran beteiligt, ist das positiv.

Die Mitwirkungsrechte von Kita-Eltern soll gestärkt werden. Richtig oder falsch?

Wissmann: Richtig. Wenn wir die Eltern als wichtigste Partner sehen, dann müssen wir uns mit ihnen auseinandersetzen – auch wenn es an der einen oder anderen Stelle mal unbequem sein kann.

Was fehlt Ihnen in den Überlegungen des Landes? Wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf?

Wissmann: Ganz klar: Uns fehlt eine Diskussion über das „Assistenzpersonal“ in den Kitas. Durch veränderte Öffnungszeiten haben wir immer mehr Kinder, die mittags in den Kitas essen. Wir haben Einrichtungen, in den bis zu 100 Kinder ein Mittagessen bekommen. Das ist eigentlich keine Aufgabe für Erzieherinnen. Das muss künftig stärker bedacht werden.