Gelsenkirchen. Eine leergezogene Emscher-Lippe-Halle, kältere Schwimmbecken, Verzicht auf Lichter: So wirkt sich der Energiesparplan in Gelsenkirchen aus.
- Das „Lagezentrum Energiemangel“ setzt angesichts der drohenden Mangellage bis zum 30. September einen Maßnahmenkatalog zum Energiesparen in Gelsenkirchen um.
- Während manche Punkte wie das Herabsetzen der Temperaturen in Schwimmbädern schnell umgesetzt wurden, stellt sich das Abschalten von Straßenlaternen als kompliziert dar.
- Auch verzichtet die Stadt mittlerweile auf Illuminationen wie etwa an der Glückauf-Kampfbahn oder am Rathausturm in Buer.
Kaltes Wasser, abgeschaltetes Licht, umgestellte Lüftungsanlagen: Die Stadt Gelsenkirchen hat vor etwa einem Monat einen Maßnahmenkatalog vorgestellt, mit dem sie so viel Wärme und Strom wie möglich einsparen möchte, um sich so für einen drohenden Energiemangel zu wappnen. Für die Umsetzung des Sparplans wurde das fachübergreifende „Lagezentrum Energiemangel“ einberufen, das aktuell einmal die Woche zusammenkommt und die Stadt bis zum 30. September auf eine Heizperiode unter dem Vorzeichen der Energiekrise einstellen möchte. Wie weit sind die Pläne inzwischen umgesetzt? Der Überblick über die wichtigsten Maßnahmen.
Senkung der Heizkosten in Gelsenkirchen: Emscher-Lippe-Halle soll leergezogen werden
Aktuell leben noch rund 60 Kriegsvertriebene aus der Ukraine in der Emscher-Lippe-Halle. Doch die Stadt arbeitet laut Dezernent Luidger Wolterhoff, Leiter des Lagezentrums Energiemangel, „mit Hochdruck an einer anderen Unterbringung.“ Der Hintergrund: Die gasbetriebene Halle ist besonders energieintensiv. Der Zuzug von Menschen aus der Ukraine sei im Vergleich zu den Anfangsmonaten des russischen Angriffskrieges aktuell relativ verhalten. „Von daher macht es alleine aus heiztechnischen Gründen keinen Sinn, die Halle weiter zu nutzen und Kapazitäten vorzuhalten, die wir in kleineren Strukturen vorhalten können“, erläutert Wolterhoff und meint damit Wohneinheiten für die Flüchtlinge, die für sie ebenfalls wesentlich komfortabler sein sollen als die Hallenunterbringung. Die Stadt will so also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Den Bedürfnissen der vertriebenen Menschen Rechnung tragen und die Heizkosten senken. Lesen Sie auch: Ukrainer in Gelsenkirchen: Drei Wege zur eigenen Wohnung
Nicht geheizt werden bereits die Sporthallen in Gelsenkirchen. In Arbeitsräumen öffentlicher Gebäude wird die Temperatur auf 19 Grad begrenzt. So will es auch die neue Energiesparverordnung.
Abgeschaltete Beleuchtung: Verzicht auf Illuminationen in Gelsenkirchen
Die Stadt verzichtet mittlerweile auf die Beleuchtung, die vor allem aus ästethischen Gründen angeschaltet war. So schreibt es auch der Bund vor. Dazu gehören: Die Illuminationen am Rathausturm in Buer, an der Halde Rundenberg und am Trogbauwerk Bismarckstraße, die Tribüne der Glückauf-Kampfbahn, die Bodenstrahler auf der Parkallee und auf der Bahnhofstraße, die Lichtinstallation an der Zeche Consol, die Lichtstelen am Frederico-Garcia-Lorca-Platz, der Schriftzug am Hans-Sachs-Haus und das Lichtspiel in der U-Bahnstation des Hauptbahnhofs.
Mehr achten will die Stadt auch darauf, dass an städtischen Gebäuden alle nicht notwendigen Lichter wirklich auch ausgeschaltet sind, wenn diese nicht benötigt werden. Dabei geht es etwa auch um die Beleuchtung an Eingängen von Schulen. Denkbar ist es laut Wolterhoff, diese nicht mehr die ganze Nacht über anzulassen, sondern erst ab 7 Uhr anzuschalten. Hier sei man aber noch in der Abstimmung.
Abschaltung vereinzelter Straßenlaternen in Gelsenkirchen nicht einfach so möglich
Eigentlich war angedacht, über die künstlerischen Illuminationen und Beleuchtung in Gebäuden hinaus auch dort die Straßenlaternen abzustellen, die als „nicht sicherheitsrelevant“ gelten. Doch das ist nicht ganz unkompliziert. „Die Abschaltung von Beleuchtung ist nicht kleinteilig möglich“, sagt Wolterhoff, man könne nicht an einzelnen Laternen den Stecker ziehen. Die Polizei habe deswegen in Gesprächen mit der Stadt davon abgeraten, die Straßenbeleuchtung mancherorts abzustellen, „weil wir damit immer auch sensible Kreuzungsbereiche erwischen“, so der Dezernent für Personal und Organisation.
Nun soll noch mal geprüft werden, ob es nicht doch einzelne Quartiere gibt, in denen man durch die Abschaltung der zusammenhängenden Laternen doch nur weniger sensible Bereiche, wie etwa mehrere Nebenstraßen, erwischt. Wolterhoff rechnet aber nicht damit, dass die Prüfung dazu führt, dass man eine große Zahl von Laternen in Gelsenkirchen abschalten kann. „Es wird wohl überschaubar.“
Darüber hinaus will die Stadt weitere Laternen mit LED ausstatten, was mittlerweile auf über 40 Prozent der Leuchten in der Stadt zutrifft. Lesen Sie dazu: So teuer ist die Straßenbeleuchtung in Gelsenkirchen pro Tag
Wassertemperatur: In Gelsenkirchens Schwimmbädern ist es schon kälter
In Gelsenkirchens Schwimmbädern wurde die Temperatur in Absprache mit den Stadtwerken bereits heruntergedreht. Die Wassertemperatur in den Lehrschwimmbecken, die üblicherweise bei etwa 32 Grad liege, sei nun auf 28 Grad reduziert worden; in den normalen Schwimmbecken liegt sie laut Luidger Wolterhoff sonst bei etwa 28 Grad, nun bei etwa 26 Grad.
Was die Handwaschbecken angeht, so habe man ohnehin keine große Auswahl, an der man eine Anpassung vornehmen könnte. „Es gibt kaum Wasserhähne in städtischen Gebäuden, aus denen warmes Wasser kommt“, sagt Wolterhoff. Im Hans-Sachs-Haus etwa werde nur mit kaltem Wasser gewaschen. Dort, wo doch warmes Wasser fließt, sei man noch in der Umstellung. Klar sei aber auch: Bei den Gelsendiensten, in den städtischen Seniorenhäusern oder in Teilbereichen der Gesundheitsverwaltung, wo Hygiene besonders wichtig ist, müsse weiterhin mit warmem Wasser gewaschen werden können.
Weihnachtsmärkte: Verzicht auf Weihnachtsbeleuchtung in Gelsenkirchen?
Die Stadt selbst ist in der Regel nicht der Veranstalter der Weihnachtsmärkte und -veranstaltungen, aber natürlich im Austausch mit den Organisatoren. Und für Luidger Wolterhoff stehen die Adventsfeste exemplarisch dafür, wie das gesellschaftliche Leben auch mit der einen oder anderen Einschränkung möglich sein wird: „Der Ansatz ist nicht, alles abzuschalten und einzukassieren, was Energie kostet, aber reflektierter damit umzugehen. Die Frage ist da, ob ein Weihnachtsmarkt genau dieselbe Illumination benötigt wie letztes Jahr oder ob nicht auch ein schönes Treffen mit etwas weniger Energie geht, dass man mal auf eine Lichterkette verzichtet, die sich gar nicht auf die Qualität einer Veranstaltung auswirkt. Ich glaube, die meisten Veranstalter denken darüber nach. Und wir als Stadt tun das auch.“ Lesen Sie hierzu: Wieso Buers Weihnachtsmarkt dunkler wird
Fazit: Lohnen sich all diese Einsparmaßnahmen in Gelsenkirchen überhaupt?
Die Stadt bindet im „Lagezentrum Energiemangel“ – in Zeiten von Personalmangel – viel Arbeitskraft und kommt, wie im Falle der Straßenlaternen, am Ende voraussichtlich zu dem Ergebnis, dass man gar nicht so viel Energie einsparen kann. Lohnt sich die ganze Arbeit dann am Ende überhaupt? Wolterhoff erinnert an den Grundsatz: „Es kommt auf jede eingesparte Kilowattstunde an.“ Und dabei gehe es nicht um Effizienz oder Geldeinsparungen, sondern darum, angesichts einer drohenden Mangellage durch den Winter zu kommen. „Die Diskussion um einen Blackout ist in Deutschland ja aktuell sehr deutlich. Wir müssen deswegen alles tun, um zu sparen.“