Gelsenkirchen. Aktuell kommen wenig neue Flüchtlinge aus der Ukraine an. Gelsenkirchen plant deshalb an mehreren Stellen um – auch bei den Sporthallen.
Insgesamt 2118 Menschen aus der Ukraine sind viereinhalb Monate nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine in Gelsenkirchen gemeldet – eine Zahl, die zuletzt nur noch sehr verhalten gestiegen ist. Zwar kommen immer wieder auch neue Menschen in der Stadt an, beispielsweise wurden Gelsenkirchen im Monat Juli bislang 15 Ukrainer von der Bezirksregierung zugewiesen. Aber auch verlässt manch ein Kriegsflüchtling die Stadt wieder. „Menschen kommen und gehen“, sagt Sozialdezernentin Andrea Henze, die beim Ukraine-Krisenmanagement den Hut auf hat. Da die Zahl der Flüchtlinge nicht mehr nennenswert steigt – wäre es da nicht an der Zeit, wieder jene Turnhallen freizumachen, die bislang als Notunterkünfte dienen?
Stadt Gelsenkirchen will eine Turnhalle nach Sommerferien wieder für Sport öffnen
Neben der ehemaligen Hauptschule an der Mehringstraße und der Emscher-Lippe-Halle wurden die Sporthallen am Wildenbruchplatz in Bulmke-Hüllen und an der Breddestraße in Buer, auch Sporthalle Vinckestraße genannt, zu Sammelunterkünften umfunktioniert. Während am Wildenbruchplatz aktuell 74 Menschen untergebracht sind, steht die Halle an der Breddestraße seit Monaten leer. Die Stadt hatte sie voraussichtlich schon mal vom Netz genommen, um im Falle eines nicht vorhersehbaren Massenzuzugs vorbereitet zu sein. Gebraucht wurden die 265 verfügbaren Plätz dort bislang allerdings nicht.
Andrea Henze hat deshalb nun entschieden, die Sporthalle an der Breddestraße wieder für den Schul- und Vereinssport zugänglich zu machen. Das dürfte insbesondere die Oberliga-Volleyballerinnen des TC Gelsenkirchen freuen, die hier vor dem Ukraine-Krieg ihre Heimspiele ausgetragen haben. „Die Betten müssen rausgeräumt werden, es muss dort gereinigt werden, nach den Sommerferien wird die Halle dann voraussichtlich wieder für den Sport bereitstehen“, sagte Henze.
Die zweite Sporthalle in Gelsenkirchen bleibt vorerst noch eine Flüchtlingsunterkunft
Und der Wildenbruchplatz? Grundsätzlich wäre es möglich, die Geflüchteten auf die anderen Unterkünfte zu verteilen – weder die Emscher-Lippe-Halle (169 von 242 Plätzen belegt) noch die Mehringschule (83 von 300 Plätzen belegt) sind derzeit ausgelastet. „Beim Wildenbruchplatz aber hadere ich noch“, sagte Henze auf die Frage, ob sie nicht auch die Bulmker Sporthalle wieder für die Vereine und Klassen öffnen möchte. Die Gründe: Die aktuelle Corona-Situation sowie der bevorstehende, kalte Herbst im ukrainischen Kriegsgebiet.
„Ich würde ungern die Betten zu eng einanderstellen, sondern möchte hier eher für eine Entzerrung sorgen“, sagte Henze mit Blick auf die sich perspektivisch weiter verschlechternde Corona-Situation in den nächsten Monaten. Zudem sei nicht abzuschätzen, ob nach dem Sommer nicht noch einmal eine größere Zahl an Flüchtlingen nach Deutschland kommt, „wenn sich diejenigen in den kalten Monaten auf den Weg machen, die aktuell noch in zerstörten Häusern mit kaputten Fenstern wohnen.“
Zahl der verfügbaren Wohnungen in Gelsenkirchen reicht aktuell nicht für Ukrainer
Entzerrt werden soll die Situation in den Sammelunterkünften zudem weiter, indem immer mehr Geflüchtete in eine Wohnung ziehen können. Erklärtes Ziel der Stadt ist es, die Ukrainer möglichst zügig in eigene vier Wände zu bringen. Nur: So viele Wohnungen wie gebraucht werden, stehen aktuell gar nicht zur Verfügung.
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Zahlreiche Ukrainer in Gelsenkirchen haben sich auf Eigeninitiative eine Wohnung gesucht oder von Helfern suchen lassen. Viele aber sind bei der Wohnungssuche auch auf die Stadt angewiesen. Über 200 Wohnungsangebote für Ukrainer – von Wohnungsunternehmen und Privatunternehmen – waren bei der Stadtverwaltung eingegangen. In 50 von ihnen konnten laut Henze mittlerweile 116 Ukrainer untergebracht werden. 58 weitere Wohnungen wurden von der Stadt mit Blick auf die Größe und Kosten als geeignet eingestuft, hier kommt es schrittweise zu einer Vermittlung.
Zusätzlich hat die Stadt selbst 67 sogenannte „Projektwohnungen“, kleinere Wohnungen, angemietet, die laut Henze nach und nach möbliert werden. Das macht insgesamt 125 freie Wohnungen für noch rund 500 Ukrainer, die derzeit in den Notunterkünften und regulären Flüchtlingsunterkünften der Stadt leben.
„Es ist unrealistisch, in kurzer Zeit alle Menschen in eigene Wohnungen unterzubekommen“, sagt Stadträtin Andrea Henze. Sie will nun im August erneut das Gespräch mit Wohnungsunternehmen suchen, um die Zahl der infrage kommenden Wohnungen noch mal zu erhöhen.
Stadt Gelsenkirchen hat Ukraine-Hotline eingestellt
Fragen zur Wohnsituation sind es auch, die laut Henze in den vergangenen Wochen am häufigsten über die Ukraine-Hotline der Stadt eingegangen sind. Diese hat die Stadt aber nun eingestellt. Etwa zwei Wochen nach Kriegsbeginn wurde die Hotline geschaltet. „Damals erreichten uns 580 Anrufe pro Woche“, sagt die Dezernentin. „Jetzt waren es nur noch 20 Anrufe pro Woche.“ Deshalb sei entschieden worden, die Fragen zur Ukraine ins Regelgeschäft der Verwaltung zu überführen und die Hotline abzuschalten.
Neben Fragen zur Wohnsituation sind Andrea Henze zufolge auch häufig Fragen zum Aufenthaltsrecht, zu finanziellen Hilfen wie Erstausstattung für die Wohnung (1900 Euro) oder Schulmittelpauschalen (103 Euro) gestellt worden. „Aber auch lebenspraktische Fragen wie: Was passiert, wenn mir der Schlüssel an der Haustür abgebrochen ist?“
Info-Point für Ukrainer wegen Corona verlegt
Die Stadt Gelsenkirchen hat entschieden, den Info-Point an der Emscher-Lippe-Halle zu schließen und wieder ins Sportzentrum Schürenkamp zu verlegen. Dort können ukrainische Flüchtlinge nach ihrer Ankunft direkt alle wichtigen Verwaltungsleistungen in Anspruch nehmen und Fragen zur Unterbringung oder ärztlichen Behandlung klären. Der Info-Point ist montags bis donnerstags von 8 bis 15 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr geöffnet.Die Stadt nennt die sinkende Zahl der Geflüchteten als Grund. Sozialdezernentin Andrea Henze begründet den Schritt aber auch mit der aktuellen Corona-Situation. In der Emscher-Lippe-Halle, die auch als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird, habe es vor kurzem zwei Corona-Fälle gegeben. „Die Situation ist dort unaufgeregt, es handelt sich um keine schweren Fälle und die Betroffenen sind in einem isolierten Bereich“, sagte Henze. „Dennoch möchte ich die Notbremse ziehen, bevor mehr passiert und deshalb die Schlaf- und Ankunftssituation trennen.“