Gelsenkirchen-Buer. Der Bildhauer Bernd Moenikes haucht für „Kunst am Baum“ einer sterbenden Esche in den Berger Parkanlagen in Gelsenkirchen neues Leben ein.
Wenn die Bäume nicht mehr in den Himmel wachsen, dann legen die Künstler Hand an und beleben die vergängliche Natur für eine begrenzte Zeit lang neu. Seit fast 30 Jahren lädt der Kunstverein Gelsenkirchen Künstlerinnen und Künstler dazu ein, einen absterbenden Baum in den Parkanlagen rund um Schloss Berge in ein temporäres Werk zu verwandeln. Diesmal trat für das Projekt „Kunst am Baum“ der Mann mit der Kettensäge auf den Plan: Bildhauer Bernd Moenikes schuf die monumentale Skulptur „Fliehender Baum“.
Am Sonntag, 13. Juni, wird die neun Meter hohe Kunst-Esche in den Berger Anlagen an der Adenauerallee in Buer um 11.30 Uhr offiziell eingeweiht. Zeitgleich zeigt das Kunstmuseum an der Horster Straße eine Begleitausstellung mit Bronze- und Holzarbeiten und einigen Drucken des Künstlers.
Gelsenkirchener Künstler betreibt seit vielen Jahren Klima- und Umweltschutz
Bernd Moenikes wurde 1955 in Ückendorf geboren, besucht hier noch regelmäßig Freunde und Verwandte. Inzwischen lebt der Bildhauer in Dortmund. Ulrich Daduna, Vorsitzender des Kunstvereins, nennt Moenikes einen der Mitinitiatoren der Aktion „Kunst am Baum“. Denn das Thema Mensch und Natur, Klimawandel und Umweltschutz treibt den Künstler schon lange um. „Darum zeige ich in der Museumsschau auch ausschließlich Werke, die sich dem Thema Natur widmen.“
Einen aus Spanholz gepressten Stempel zum Beispiel, mit dem das Wort „Wald“ gedruckt werden könnte – falls es den echten mal nicht mehr gibt. Oder die hölzerne Figur eines kleinen Mädchens mit Schwimmring, das auf Wasser wartet. Die Skulptur „Vogelmensch“ scheint wie ein Engel der Welt zu entschweben, in einem Flüchtlingsboot hockt ein verzweifelter Mann auf der Suche nach dem rettenden Ufer. Auf hausgemachte Krisen und Katastrophen verweisen diese gesellschaftskritischen Arbeiten, mal ironisch, mal zynisch, immer expressiv, immer mit der Kettensäge dem Holz abgerungen. Die Schnitte sind mal grob gesetzt, mal filigran nachgeschliffen, Arbeitsschritte bleiben immer sichtbar.
Der engagierte Kunstaktivist unterstützt mit seiner Arbeit zudem Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace. In einer kleinen Auflage schuf er handliche Bronzen mit Titeln wie „Die letzte Welle“, „Dürre“ oder „Eisbär mit Koffer“, deren Verkaufserlöse an Greenpeace gehen. Auch diese Bronzen sind nun im Kunstmuseum zu sehen.
Der neun Meter hohe „Fliehende Baum“ steht in den Berger Anlagen
Die Hauptattraktion allerdings wartet auf Kunstfans und Flaneure draußen im Berger Park. Nackt und kahl steht sie da, die alte Esche, ohne Äste, ohne Zweige, nur noch wenig Rinde bedeckt ihre Haut. Bernd Moenikes verwandelte den Baum innerhalb von nur drei Tagen in eine menschliche Figur, die wie flehend die Arme in die Höhe reckt: „Auf dem Gerüst in neun Metern Höhe zu arbeiten, das war schon etwas ganz Besonderes. Es hat Spaß gemacht.“ In vier Etagen konnte der Künstler ans schwindelerregende Werk gehen.
Der „Fliehende Baum“ wird tatsächlich irgendwann seinem Namen alle Ehre machen und tatsächlich die Flucht ergreifen, und, wie bislang schon die Hälfte der 29 entstandenen Objekte, zerfallen, verfallen, sterben. Bis es aber soweit ist, wird er noch die enge, aber auch problematische Verbindung zwischen Mensch und Natur im Schatten des Berger Schlosses beredt symbolisieren.
Im Rahmen des Kunstverein-Skulpturenprojekts „Kunst am Baum“ sind vom 13. Juni bis 22. August im Kunstmuseum, Horster Straße 3-5, Arbeiten von Bernd Moenikes zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags, 11-18 Uhr. Weitere Infos: www.kunstverein-gelsenkirchen.de. Ab Samstag dürfen Besucher wieder ohne Anmeldung und Test- oder Impfnachweis ins Museum. Die ersten Schulklassen haben sich bereits für Führungen angemeldet.
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