Gelsenkirchen. Nach sechs Jahren ist die Bronzefigur Olympia wieder in der Öffentlichkeit zu sehen. Kunstmuseum blickt auch auf ihre „braune“ Vergangenheit.
Sie ist wieder da, die Olympia. Vor sechs Jahren verschwand die Bronzefigur im Zuge des Busbahnhofumbaus aus dem Goldbergpark am Rathaus Buer. Jetzt gibt es ein Wiedersehen. Allerdings nicht in der neugestalteten Grünanlage, wo der Sandsteinsockel noch immer verwaist dasteht, sondern im Kunstmuseum an der Horster Straße. Hier beleuchtet eine kleine Ausstellung bis 21. August die dunkle und wechselhafte Geschichte der Olympia und ihres Erschaffers Fritz Klimsch.
Gelsenkirchener Bronzefigur Olympia hat Patina angesetzt
Wer in diesen Tagen das Museum betritt, erblickt sie sofort, die Skulptur der sitzenden nackten Frau, die gleich links vom Eingang direkt ins Auge fällt. Grünliche Patina hat sie angesetzt, ein paar Aufkleberspuren trägt sie am Körper. Dass sie dort aber nur vorübergehend untergebracht ist, das dokumentiert die schlichte Holzpalette, auf der die Figur platziert wurde.
Man hat die Olympia vom Sockel geholt, optisch, aber auch in der kunsthistorischen Bewertung. Denn die Schau befragt unter dem Titel „Von der neuen Reichskanzlei in den Goldbergpark Buer“ mit Hilfe von Dokumenten, Zitaten und Zeitungsberichten aus der Zeit des Ankaufs die NS-Vergangenheit von Werk und Künstler.
Ein Abguss stand im Amtssitz von Adolf Hitler
So zeigen die Fotos im Hintergrund der ausgestellten Figur nicht die buersche Grünanlage, wo die Olympia seit 1958 dekorativ stand, sondern Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Modellen der Berliner Reichskanzlei aus dem Jahre 1937. Die Skulptur nämlich war 1936 von der NS-Heeresleitung bei Künstler Fritz Klimsch (1870-1960) in Auftrag gegeben worden. Einer der Abgüsse stand dann im Garten der Reichskanzlei, dem Amtssitz von Adolf Hitler.
Die Olympia, die die Stadt Gelsenkirchen 1958 ankaufte und im Goldbergpark aufstellte, stand aber wohl nie vor der Reichskanzlei. Bei ihr soll es sich vielmehr, so Recherchen der stellvertretenden Museumsleiterin Christiane Wanken, um einen Nachguss aus den 50er Jahren handeln.
114 Ausgewählte sollten zur Verwirklichung der NS-Kunstdoktrin beitragen
Nichtsdestotrotz belegt die kleine Schau die Affinität der Nazis zum Werk Fritz Klimschs. Ein Faksimile aus dem Berliner Bundesarchiv dokumentiert, dass Klimsch auf der 1944 von Hitler und Joseph Goebbels zusammengestellten „Liste der Gottbegnadeten Künstler“ stand. In dieser Auswahl, so heißt es im musealen Begleittext, „manifestiert sich das völkische, antimoderne Kulturkonzept des NS-Regimes“. Man habe von diesen 114 Künstlern einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der NS-Kunstdoktrin erwartet.
Wanken, die die Ausstellung kuratiert, weiß: „Diese Kunstschaffenden waren der nationalsozialistischen Kulturpolitik und Ästhetik zutiefst verpflichtet und illustrierten damit die Philosophie des Regimes.“ Auch die Olympia zeuge von dieser Zeit und ihrem rassistischen Menschenbild.
Über den Verbleib im Stadtraum soll auch die Bevölkerung diskutieren
Die Ausstellung zeigt zudem Presseberichte aus den 50er Jahren, die zum einen die Schönheit der Olympia preisen, zum anderen aber auch auf aufkommende Kritik verweisen. Zitat aus einem Bericht (März 1958) über eine Ausstellung in der Kölner Galerie Abel, wo die Stadt Gelsenkirchen die Olympia kaufte: „Man machte diese Tätigkeit dem alten Künstler zum Vorwurf – aber wenn er, wie so mancher, die ihm gestellte Aufgabe sah, nicht die Politik, soll es ihm heute noch angekreidet werden?“
Die Ausstellung soll auch ein Forum bieten, so Wanken, „um über den Verbleib der Skulptur im Stadtraum zu diskutieren“. Flankiert wird die Schau durch eine Fachtagung über „Kunst in der Kommune“.
Weitere Daten und Fakten zur Gelsenkirchener Figur Olympia
Restauriert worden ist die Bronzefigur im Gegensatz zu vorhergehenden Aussagen noch immer nicht. Erst nach Ende der Ausstellung sollen, so Stadtsprecher Martin Schulmann, Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten stattfinden. Noch laufe die Angebotsphase.
Folgende Arbeiten sind geplant: Überprüfung der inneren Stützkonstruktion, materialschonende Oberflächenreinigung, Aufbringen eines konservierenden Oberflächenüberzugs, ästhetische Retuschen und Konzeption einer neuen Montagekonstruktion.
Am 18. August, 18 Uhr, wird die Skulptur zudem in einer Veranstaltung über den Umgang mit NS-Kunst im öffentlichen Raum thematisiert.