Gelsenkirchen. Gelsensport und Awo helfen Flüchtlingskindern in Gelsenkirchen gemeinsam beim Deutsch lernen und Ankommen. Wie Sport beides erleichtern kann.

Es ist eine sehr bunte Mischung von Kindern und Jugendlichen, die in dieser ersten Ferienwoche gemeinsam Sport im Schürenkamp Sport treiben und parallel die deutsche Sprache erlernen. Zwischen neun und 16 Jahren alt sind die Flüchtlingskinder, denen Thomas Michalak bewegten Sprachunterricht erteilt. Sie kommen aus Syrien, dem Irak, der Ukraine, Russland und Georgien. Die einen sind seit zwei Tagen in Gelsenkirchen, die anderen seit zwei Jahren. Die Gemeinsamkeit neben dem Status als Kriegsflüchtlinge: Sie alle leben am Ankommenszentrum an der Katernberger Straße. [Zum Thema Integration: Brückenbauer zwischen den Kulturen]

Konzept für Spracherwerb mit Hilfe von Sport erarbeitet

Thomas Michalak unterrichtet Internationale Förderklassen (IFÖ-Klassen) an der Sekundarschule in Hassel. Als Dozent an der Ruhr-Universität Bochum hat er ein Konzept erarbeitet, das zugewanderten Kindern den Spracherwerb mit Hilfe von Sport und Bewegung erleichtert. Vier Stunden Grammatik pauken: Das funktioniert nicht, weiß er aus Erfahrung. Schon gar nicht bei diesen Kindern mit ihren traumatischen Fluchterlebnissen. [Zum Thema:Hilfskonvoi in die Ukraine – die gefährlichste Aktion meines Lebens]

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Bewegung, Abreagieren – das hilft. Und im Sport werden automatisch Gruppen gebildet, die nicht von nationalen Grenzen bestimmt werden. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum Gelsensport und Arbeiterwohlfahrt Gelsenkirchen sich hier einmal mehr zusammen getan haben, um gemeinsam die Integration und das gesellschaftliche Miteinander zu befördern, wie Awo-Geschäftsführerin Gudrun Wischnewski betont. Die Awo betreut auch das Ankommenszentrum, aus dem die Teilnehmer stammen. Die Kinder und auch die Familien nationenübergreifend zusammen zu führen, Angebote zu vernetzen, Bedarfe zu erkennen und entsprechende Abhilfe zu schaffen: Um all das gehe es dabei, betont auch Bedia Torun vom Awo-Integrationsteam.

Stefan Kunz, bei Gelsensport für Integrationsangebote zuständig, und Gelsensport-Geschäftsführer Marc Kopatz mit Awo-Organisatorin Bedia Torun am Rande des Bewegungscamps im Schürenkamp.
Stefan Kunz, bei Gelsensport für Integrationsangebote zuständig, und Gelsensport-Geschäftsführer Marc Kopatz mit Awo-Organisatorin Bedia Torun am Rande des Bewegungscamps im Schürenkamp. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Sprachangebote in den Ferien besonders wichtig

Eine Woche lang kommen diese Kinder, die einander zwar vermutlich im Ankommenszentrum an der Katernberger Straße schon mal gesehen, aber nicht miteinander kommuniziert haben, nun täglich von 9.30 bis 16 Uhr zusammen, um gemeinsam Deutsch zu lernen, zu toben, sich abzulenken. Denn auch schulische Kontakte haben die meisten hier noch nicht knüpfen können. Die Neuankömmlinge warten zum Teil noch auf einen Schulplatz. „Aber auch für die Kinder, die schon in die Schule gehen, ist es wichtig, Sprachangebote in den Ferien zu bekommen. Wer gerade erst angefangen hat, erste deutsche Worte zu lernen, hat nach den Ferien, in denen viele dann nur mit Landsleuten kommunizieren, vieles wieder vergessen und wir müssen wieder von vorne beginnen. Die Erfahrung haben wir in den IFÖ-Klassen schon mehrfach gemacht“, berichtet Thomas Michalak. [Zum Thema: Die wichtigsten Fakten zu ukrainischen Flüchtlinge in Gelsenkirchen]

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Thomas Michalak hat an der Ruhr-Universität Bochum ein eigenes Konzept für Spracherwerb mittels Sport erarbeitet.
Thomas Michalak hat an der Ruhr-Universität Bochum ein eigenes Konzept für Spracherwerb mittels Sport erarbeitet. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„In der Unterkunft sitzen sie oft ganze Tage allein am Handy, hier können sie aus sich rausgehen. Das genießen die Kinder sehr“, hat Thomas Michalak festgestellt. In diesem Sprach- und Bewegungscamp, das Stefan Kunz von Gelsensport gemeinsam mit der Awo organisiert hat, wechseln theoretischer Sprachunterricht, Austoben und spielerisches Lernen einander ab. Jonglieren mit kleinen Bällen, Wettrennen, Beweglichkeitstraining,Taek-Wan-Do – das Angebot ist breit gefächert.

Sehr unterschiedliche Sprachkenntnisse

Wie weit auseinander die Sprachkenntnisse der Teilnehmer sind, zeigt sich etwa beim Buchstaben-Staffellauf. Zwei Gruppen treten gegeneinander an, um das Alphabet möglichst schnell mit Worten zu füllen. Von A wie „Affe“, über M wie „Muta“ (gemeint ist die Mutter) und „Pingwin“ bis zu „Tesla“ buchstabieren sie. Zum Teil fast schon geschliffenem Deutsch, zum Teil nur mit mühevoll geschriebenen, lateinischen Buchstaben.

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In der zweiten Ferienwoche bietet das Gelsensport-Team ebenfalls ein Programm für Flüchtlinge, allerdings unter anderen Voraussetzungen: Dabei kann kostenfrei ein Basis-Übungsleiterschein mit der C-Lizenz erworben werden. Wer mitmachen möchte, muss allerdings erstens mindestens 16, besser 18 Jahre alt sein und zweitens über Deutsch-Kenntnisse auf dem A2-Level verfügen. Die Lizenz berechtigt schließlich dazu, selbst Kurse zu geben, zum Beispiel etwa an Schulen. Auch da ist die Awo als an Übungsleitern interessierter OGS-Träger indirekt mit im Boot. [Dazu auch: Kriegsflüchtlinge als Mitbewohner - Ein emotionaler Kraftakt]

Ein weiteres Sprach-Bewegungscamp unter Leitung von Thoma Michalak unter Beteiligung von Gelsensport gibt es auch in den Herbstferien, allerdings dann ausschließlich für Kinder der internationalen Förderklassen der Sekundarschule Hassel.