Gelsenkirchen-Scholven/Düsseldorf. Das Aktionsbündnis gegen die Verbrennung von Ölpellets aus der Raffinerie will Klarheit, wie es bei BP in Gelsenkirchen weitergeht. Die Sachlage:
Die Ölpellets, die im Zuge der Produktion in BP in Scholven anfallen, haben in den vergangenen Jahren, Anwohner in der Emscher-Lippe-Region und am Niederrhein, Unternehmen, Staatsanwälte, Behörden, Stadträte, Umweltaktivisten und Bürgerinitiativen beschäftigt – auch weil zwischen 2010 und 2013 rund 30.000 Tonnen illegal und mit krimineller Energie in der Tongrube Mühlenberg zwischen Schermbeck und Hünxe entsorgt wurden. Ein Skandal mit weitreichenden Folgen.
Nun erreicht dass Thema Pellets erneut die Politik auf Landesebene: Das Aktionsbündnis gegen Ölpellets-Verbrennung der BP in Gelsenkirchen ruft den Petitionsausschuss des Landes NRW an. Die Forderung ist (fast) so alt wie die bisherige Verbrennungspraxis im benachbarten Uniper-Kraftwerk: Das Bündnis will die Verbrennung der giftigen Pellets, ein Gemisch aus Ruß und Schweröl, umgehend gestoppt wissen.
Gelsenkirchener Steinkohlekraftwerk ist ein Auslaufmodell
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3154 Menschen haben bislang eine entsprechende Petition unterzeichnet. 2120 Unterschriften wurden von der in etlichen Verfahren für die MLPD aktiven Kanzlei Meister und Partner beglaubigt. Übergeben wurden die Listen samt Petition Donnerstag in Düsseldorf. „Zu unserem Bedauern durften wir, von einem freundlichen Polizisten begleitet, die Unterschriften nicht direkt einem Petitionsausschussvertreter überreichen, sondern nur bei der Pförtnerin abgeben“, sagt Peter Reichmann vom Aktionsbündnis.
Rat der Stadt hat sich für einen Verbrennungsstopp ausgesprochen
Die Öl- oder Rußpellets sind – mit Nickel und Vanadium belastetes – Restmaterial der Schwerölverarbeitung in der Raffinerie und haben einen hohen Heizwert. Täglich fallen laut Reichmann in der Produktion etwa 90 Tonnen davon an. Überwiegend werden diese Pellets im benachbarten Uniper-Kohlekraftwerk mitverbrannt. Die Bezirksregierung Münster und das NRW-Umweltministerium (zuletzt 2020) haben mehrfach erklärt, die Verbrennung sei so genehmigt und rechtmäßig. Der Rat der Stadt hatte sich 2018 mehrheitlich für einen Verbrennungsstopp ausgesprochen, mehrfach gab es Protestaktionen vor den Werkstoren. Die Unternehmen setzten ihre Praxis dennoch fort. Bis zum Jahr 2022 sei „eine Neuausrichtung hinsichtlich der Verwendung der Ölpellets“ geplant, erklärte das NRW-Umweltministerium Ministerium bereits im Oktober 2018 unter Berufung auf BP. Zurzeit werde geprüft, wie die Ölpellets innerhalb der Raffinerie eingesetzt werden können. Ziel sei es, zukünftig auf die externe Verwendung zu verzichten.
Das Kohlekraftwerk ist sozusagen auf den letzten Betriebsmetern. Nach der Stilllegung spätestens Ende 2022 setzt Uniper vor Ort in Scholven auf eine Gasanlage zur Energiegewinnung. Das neue Kraftwerk ist seit 2020 im Bau.
Einsatz oder Entsorgung
Eine Variante wäre, „Rußpellets entsprechend den deutschen und europäischen Bestimmungen des Kreislaufwirtschaftsrechts und unter der strengen Kontrolle der Überwachungsbehörden im elektronischen Nachweisverfahren fachgerecht in dafür zugelassene und genehmigte Anlagen umweltgerecht zu entsorgen“.
Angestrebt von den Beteiligten, wird in der Stellungnahme der Stadtverwaltung deutlich, „wird allerdings weiterhin eine Lösung, die einen ressourcenschonenden Einsatz unter Berücksichtigung der energetischen und gefahrstoffrechtlichen Eigenschaften des Produktes erlauben soll.“
Die Untermischung der Pellets ist dann nicht mehr möglich. Doch sie fielen weiterhin bei der Produktion in der Raffinerie an, glaubt man beim Aktionsbündnis. „BP legt aber nicht offen, was nun passieren soll“, kritisiert Ingrid Lettmann Sprecherin des Aktionsbündnisses und Sachkundige Einwohnerin für AUF im Umweltausschuss.
BP-Manager erklärte: Produktion der Pellets wird 2022 eingestellt
Die Bezirksregierung Münster schrieb demnach auf eine entsprechende Anfrage: „...endgültige Lösungen zum Umgang mit den Rußpellets sind seitens der Fa. Ruhr Oel GmbH bislang nicht kommuniziert.“ BP-Manager Rick Johnson hatte dagegen bereits 2019 gegenüber der WAZ betont: „Unser Ziel ist es, die Produktion der Pellets 2022 einzustellen.“
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„Vor diesem Hintergrund stellt sich berechtigter Weise die Frage, wo und wie die Rußpellets nach der Betriebseinstellung des Steinkohlekraftwerkes verwendet beziehungsweise verwertet werden sollen. Hierzu laufen an unserem Standort seit längerem breit aufgestellte Untersuchungen durch Experten im Rahmen eines der Überwachungs-und Genehmigungsbehörde bereits vorgestellten Projektes, um zu eruieren, welche nachhaltigen Einsatzmöglichkeiten oder alternative Lösungsansätze bestehen“, stellte die Stadt auf Lettmanns Anfrage hin bereits im April fest. Diese Untersuchungen, so die Fachverwaltung, „wurden von Beginn an ergebnisoffen geführt, so dass zum jetzigen Zeitpunkt noch keine präferierte Lösung vorgestellt werden kann“.
Aktionsbündnis reicht die Erklärung von BP nicht aus
Die Bevölkerung werde wissentlich im Ungewissen gelassen, beklagt das Aktionsbündnis. Daher die Beschwerde und der Gang nach Düsseldorf. Lettmann: „Der Hinweis von BP, dass alles rechtlich abgesichert ist und die Entsorgung ein transparenter kontrollierter Prozeß ist, reicht uns nicht aus.“
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