Gelsenkirchen. Gelsenkirchener Politiker unterzeichnen ein Bündnis für Fairness. Der Friede hält nicht lang. Die CDU will Wahlwerbung der SPD-Kandidatin prüfen.

Der Ort steht für Neutralität, aber eben auch menschliches Miteinander, das Anliegen war in Wahlkampfzeiten naheliegend: In den Räumen der Neuen Synagoge haben Donnerstagabend Vertreter von vier Parteien – SPD, CDU, Grüne und FDP – das „Bündnis für Fairness, Respekt und Toleranz im Kommunalwahlkampf“ mit ihrer Unterschrift besiegelt. Von einem aktuellen Grundgrummeln der CDU war beim Unterzeichnungstermin wohl nichts zu spüren: Die Christdemokraten vermuten mögliche Verstöße gegen das Neutralitätsgebot durch Karin Welge. Die OB-Kandidatin der SPD ist bekanntlich Stadtdirektorin und Kämmererin. Der Kreisvorsitzende Sascha Kurth fordert Oberbürgermeister Frank Baranowski in seiner Funktion als Wahlleiter zur Klärung des Sachverhalts auf, setzt ihm gar eine Frist. Die Vorbehalte hat die CDU in einem zweiseitigen Brief geschildert, der der WAZ vorliegt.

Gelsenkirchener OB zur Klärung aufgefordert

Donnerstagabend war die Stimmung jedoch versöhnlich. „Ich kann das, was hier formuliert ist, voll unterschreiben“, betonte Anne Schürmann. Die liberale Ehrenvorsitzende nahm für die FDP an der Unterzeichnung teil, ebenso wie Markus Töns (SPD), Sascha Kurth (CDU) und Adrianna Gorczyk (Bündnis90/Die Grünen). Viel Lob gab es für die gemeinsame Initiative von Judith Neuwald-Tasbach, der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Heiner Montanus, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid, Stadtdechant Markus Pottbäcker und Mark Rosendahl, Geschäftsführer der DGB-Region Emscher-Lippe. „Sie nehmen uns als Politik in die Pflicht“, so Adrianna Gorczyk. „Das macht dieses Bündnis noch einmal wertvoller, als wenn wir es allein geschlossen hätten. Die Inhalte der Selbstverpflichtung sind gerade bei uns in Gelsenkirchen enorm wichtig.“

„Wahlkampfzeit ist eine Hoch-Zeit der Demokratie“

Töns (SPD) kritisiert CDU

Zum Anliegen des CDU-Vorsitzenden Sascha Kurth, mögliche Neutralitätsverstöße der SPD-Kandidatin Karin Welge überprüfen zu lassen, hat der SPD-Vorsitzende Markus Töns eine klare Meinung: „Die Vorwürfe sind substanzlos. Das schießt komplett über das Ziel hinaus und ist eine Skandalisierung, die da nicht hingehört.“

Welge sei als Stadtdirektorin und Kämmerin natürlich Teil der Verwaltungsspitze. Töns: Das ist der Versuch, der Kandidatin Fußfesseln anzulegen. Das wird nicht gelingen.“

„Dieser Impuls von außen macht noch einmal deutlich, dass es im politischen Diskurs um Inhalte gehen muss“, so Kurth. Die Wahlkampfzeit sei eine Hoch-Zeit der Demokratie. Anständiger und respektvoller Umgang gehört dabei für ihn zum guten Ton. „Wir haben unterschiedliche Ansichten. Aber es geht darum, dass wir in den Grundsätzen zusammenhalten“, erklärte auch der SPD-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Töns. „Wir befürchten und erleben, dass es heute oft anders ist: Da orientieren sich Auseinandersetzungen nicht an Sachfragen. Prinzipien des respektvollen Umgangs werden gezielt missachtet.“

CDU soll Videos und Bilder konkret benennen

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Die Regeln verletzt sieht derweil die CDU - weil offenbar beispielsweise in einem Wahlspot der SPD-Kandidatin Welge Büroräumlichkeiten der Stadt zu sehen seien oder etwa in sozialen Netzwerken Bildmaterial verwendet werde, das „offensichtlich im dienstlichen Kontext der Bewerberin“ entstanden sei.

Oberbürgermeister Baranowski hat Kurth mittlerweile geantwortet und sagt zu, er werde „den angeführten Sachverhalt überprüfen“. Um „mögliche Missverständnisse“ zu vermeiden, bittet er Kurth, die angesprochenen Videos und Bilder konkret zu benennen. In seinem Brief fragt der OB aber auch, ob es „der CDU Gelsenkirchen hier um Sachverhaltsaufklärung oder nur um öffentliche Profilierung geht.“