Gelsenkirchen. Die Gelsenkirchener SPD hat jetzt ihr Programm für die Kommunalwahl im September vorgelegt. Diese Themen sind den Sozialdemokraten wichtig.

Einen ungewöhnlichen Ort hatten sie sich da ausgesucht, die Gelsenkirchener Sozialdemokraten. Zur Vorstellung des Programms für die Kommunalwahl luden OB-Kandidatin Karin Welge und ihr Team ins „Café Rosi“ an der Weberstraße. Dort saß man auf charmant zusammengewürfelten Sitzmöbeln, die alle das Etikett „Gelsenkirchener Barock“ verdienen. Die leicht antiquiert wirkende Einrichtung soll aber nicht rückwärtsgewandt wirken, im Gegenteil: Bei der SPD blickt man nach vorn. Das sind die Kernthemen.

1. Bildung, Arbeitsplätze und ein solider Haushalt

„Auch und gerade nach Corona stehen wir als SPD für eine solide Haushaltspolitik“, sagt Karin Welge. Dabei setzen die Sozialdemokraten vor allem auf das bereits bewährte Mittel der integrierten Handlungskonzepte zur Gründung weiterer Stadtentwicklungsgebiete. SPD-Ratsmitglied Lukas Günther, der ebenfalls an der Programmvorstellung teilnahm, beschrieb das an einem Beispiel: „Als ich Kind war, wollte meine Mutter mich immer nur ungern über die Bochumer Straße zur Gesamtschule Ückendorf schicken. Heute hat sich gerade das Quartier in Ückendorf richtig gut gemacht.“ Schwerpunkt des nächsten Stadtentwicklungsprojekts könnte etwa Schalke-Nord sein.

In Sachen Bildung setzt die SPD auf massive Investitionen: Im Stadtgebiet sollen zwei neue Gesamtschulen entstehen, außerdem mehrere neue Grundschulen im Gelsenkirchener Süden. Darüber hinaus wollen sich die Sozialdemokraten für die Einrichtung einer „Emscher-Universität“ stark machen. „Kein Kind soll zurückbleiben: Dieser Grundsatz gilt auch weiterhin“, sagt Welge. Bildung sei auch die Voraussetzung, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. „Darüber hinaus müssen wir auch heute an einer Arbeitsplatzoffensive für die Zeit nach Corona arbeiten“, fordert die Kandidatin.

2. Mobilität, Nachhaltigkeit und eine lebenswerte Stadt

Programmvorstellung im „Café Rosi“: OB-Kandidatin Karin Welge.
Programmvorstellung im „Café Rosi“: OB-Kandidatin Karin Welge. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Genau wie beim Thema Bildung gilt auch beim Nahverkehr: Die SPD denkt groß. So hat sich die Partei beim ÖPNV-Ausbau gleich drei Großprojekte vorgenommen: Eine bessere Anbindung der Westfälischen Hochschule an den öffentlichen Nahverkehr, den Ringschluss der Straßenbahnlinie 301 sowie die Verlängerung der Linie 302 über Buer Rathaus hinaus bis zum Bahnhof Buer-Nord. „Nachdem Gleise über Jahrzehnte im gesamten Ruhrgebiet zurückgebaut wurden, haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen 2020 den Grundstein dafür gelegt, den Ausbau der Stadtbahnlinien bei entsprechender Förderunterstützung zu realisieren“, sagt Welge.

Außerdem soll Gelsenkirchen noch grüner werden: Perspektivisch sollen 100.000 Bäume im Stadtgebiet gepflanzt werden, sowohl durch öffentliche als auch durch private Investitionen. Langfristig soll der Baumbestand im Stadtgebiet auf eine halbe Million Bäume anwachsen. Auch die Bergbautradition soll gepflegt werden: Ein jährlicher „Tag des Kumpels“ soll an die Werte des Bergbaus erinnern.

3. Integration und Sicherheit

Natürlich kommt auch die SPD nicht am Thema Sicherheit vorbei. Welge warnte – ohne die AfD beim Namen zu nennen – vor den scheinbar einfachen Lösungen, die es bei diesem Thema einfach nicht gebe. Wer ein gutes Zusammenleben von Menschen verschiedenster Herkunft in der Stadtgesellschaft wolle, der müsse an der Wurzel des Problems ansetzen. Die Quartiere müssten bei der Integration von Flüchtlingen und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte unterstützt werden. Dabei setzt die SPD auf die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, aber auch auf ehrenamtliche Initiativen.

„Wir müssen aber auch deutlich machen, dass das Zusammenleben in einer Gesellschaft nur dann funktioniert, wenn Regeln eingehalten werden“, mahnt die Juristin Welge. Sie plädierte für eine „Integration mit klaren Leitplanken.“

Die SPD und der Umgang mit der AfD

Nachfolgerin von Frank Baranowski?

Karin Welge will die Nachfolge von Frank Baranowski (SPD) antreten, der sich nach 16 Jahren im Amt des Oberbürgermeisters nicht mehr zur Wahl stellt. Welge arbeitet seit 2011 in der Gelsenkirchener Stadtverwaltung, zunächst als Sozialdezernentin, seit 2015 als Kämmerin und seit 2019 zusätzlich als Stadtdirektorin.

Bei der Kommunalwahl 2014 erreichte die SPD mit 50,2 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit und gewann 33 von 66 Sitzen im Rat. In der Direktwahl zum Oberbürgermeister erreichte Frank Baranowski 67,4 Prozent der Stimmen.

Die große Unbekannte bei der Kommunalwahl ist die AfD: Nach dem starken Abschneiden der Rechtspopulisten bei der jüngsten Landtags- und Europawahl ist damit zu rechnen, dass auch bei der Kommunalwahl wieder Menschen für die AfD stimmen werden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Töns ist sich sicher, dass die AfD mit ihrer „destruktiven Politik“ die Menschen auf Dauer nicht erreichen wird. Karin Welge will den Kampf annehmen: „Wer mit dem Gedanken spielt, radikal zu wählen, der kann mich gerne anrufen“, sagte sie. „Ich komme dann auch vorbei.“