Gelsenkirchen.. Olaf Walter und Heiner Montanus leiten den Diakoniewerkverbundes Gelsenkirchen und Wattenscheid. Im WAZ-Interview erklären Sie ihre Ziele.



Der Volljurist Olaf Walter (47) ist neuer Geschäftsführer der Evangelischen Kliniken sowie der Diakoniewerksverbund GmbH. Superintendent Heiner Montanus (56) hat neu den Vorsitz im Aufsichtsrat des Unternehmens übernommen. Wir sprachen mit ihnen über die Zukunft der Kliniken sowie der Einrichtungen und Angebote des Diakoniewerkes.

Herr Walter, Sie leiten nun die Evangelischen Kliniken als Geschäftsführer des kleinsten eigenständigen Hauses in der Stadt. Sie haben in Augsburg im Vorstand einer Uniklinik mit 1750 Betten gearbeitet. Hat das kleine Haus hier auch Vorteile?

Olaf Walter kommt aus einer großen Uniklinik, weiß die Vorzüge eines kleineren Hauses aber sehr zu schätzen.
Olaf Walter kommt aus einer großen Uniklinik, weiß die Vorzüge eines kleineren Hauses aber sehr zu schätzen. © Unbekannt | Funke Foto Services GmbH






Olaf Walter: Ich sehe schon Vorteile. Wir haben die Disziplinen, die wir vorhalten, unter einem Dach. Die Senologie von Dr. Abdallah Tür an Tür mit der Onkologie von Herrn Dr. Hemeier und der Radiologie von Herrn Priv.-Doz. Dr. Galalae: Das ist ein Vorteil. In Verbünden ist es oft ein Problem, dass die Disziplinen an verschiedenen Standorten verteilt sind, das ist mit viel Fahrerei verbunden. Dazu kommt bei uns die Lage mitten in der Stadt mit einer sehr guten Erreichbarkeit. Das kann strategisch ein Nachteil sein, wenn es um eine Erweiterung geht; ist es bei uns aber nicht dank des Justizvollzugsanstaltsgeländes.

Der Ausbau ist also gesichert?

Walter: Ja, der Erwerb des Geländes ist sicher und ab Mitte 2020 kann mit dem Abriss begonnen werden, die Planungen laufen.

Was soll dort ausgebaut werden?

Die Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen an der Munckelstraße haben alle Disziplinen unter einem Dach. Ein klarer Vorteil für die Patienten, ist Olaf Walter überzeugt. 
Die Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen an der Munckelstraße haben alle Disziplinen unter einem Dach. Ein klarer Vorteil für die Patienten, ist Olaf Walter überzeugt.  © Unbekannt | FUNKE Foto Services






Walter: Dazu möchte ich jetzt nichts sagen. Aber zum Vergleich Augsburg – Gelsenkirchen. Das kleinere Haus hat für Patienten den Vorteil, dass die Versorgung individueller, persönlicher ist. Für die Patientenbindung ist es wichtig, dass der Patient sich geborgen fühlt, gut aufgehoben. Das können die Evangelischen Kliniken in Verbindung mit der Diakonie gut bieten, das führt zu Patientenzufriedenheit.


Heiner Montanus: Wir sind hier ja auch Kirche vor Ort, das Wohlergehen ist uns wichtig, und dabei wäre Größe nicht nur förderlich.

Wie sieht die gemeinsame Zukunft mit dem Martin-Luther-Krankenhaus aus? Gibt es eine?

Walter: Eine gemeinsame Zukunft unter einem Dach gibt es nicht, das ist beschlossen. Es wird einen neuen, kirchlichen Träger geben.

Superintendent Heiner Montanus sieht, dass Kirche heute von vielen eher durch die diakonische Arbeit als im Gemeindeleben wahrgenommen wird.
Superintendent Heiner Montanus sieht, dass Kirche heute von vielen eher durch die diakonische Arbeit als im Gemeindeleben wahrgenommen wird. © Unbekannt | Funke Foto Services GmbH






Montanus: Wir haben klare Kriterien für den künftigen Träger aufgestellt, der auch ein katholischer sein darf. Es soll keine kommerzielle Gesundheitsfabrik werden. Die Zukunft der Klinik und der Mitarbeiter muss gesichert bleiben. Es geht um 528 Menschen, 322 Arbeitsplätze.

Walter: Wichtig ist auch, dass das Haus auch für die Patientenversorgung in der Gemeinde erhalten bleibt, nicht als reine Portalklinik, die Patienten nur weiterreicht.

Sind Sie dabei auch mit der St. Augustinus GmbH im Gespräch?

Dazu äußern wir uns nicht. Das ist so üblich, solange Vertragsverhandlungen laufen.

Herr Walter, Sie sind nicht nur Geschäftsführer der Kliniken, sondern auch des Diakonischen Werkes. Herr Montanus, Sie stehen als neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates an der Spitze des Verbundes. Die Arbeit ist extrem vielfältig. Wo sehen Sie die künftigen Schwerpunkte?

Walter: Meine Präsentation bei meiner Vorstellung stand unter dem Motto „Gesund und geborgen in Jugend und Alter“. Das Angebot des Verbundes bietet ja in der Tat für Herausforderungen des Lebens aller Lebensphasen von der frühen Jugend bis hin zum Seniorenstift viel Unterstützung. Da möchte ich keinen bestimmten Punkt herausgreifen, weil ich damit die anderen ein Stück zurücksetzen würde, was ihnen nicht gerecht würde. Mein Anliegen ist, den Verbund als Ganzes weiterzuentwickeln. Wir haben viele Angebote, die einander ergänzen. Patienten, die von der Geriatrie in der Klinik entlassen werden, können in unser Seniorenstift wechseln oder unsere ambulanten Dienste nutzen. Das ist etwas, was man gut ausbauen kann.

Montanus: Es ist immer schön, wenn man sich erweitert. Aber man muss auch Schritt halten. Wenn man immer noch mehr macht, fördert das nicht unbedingt die Qualität. Wir sind angetreten, um die Qualität zu stärken. Themen gibt es genug, die Kinderarmut etwa. Aber man muss es auch leisten können.

Gibt es Pläne, Bereiche zu verkleinern für eine Konsolidierung?

Montanus: Dafür sind wir nicht angetreten.

Olaf Walter löste Dr. Karl Bosold als Geschäftsführer der  Evangelischen Kliniken ab. Das Foto entstand beim Neujahrsempfang der Revierinitiative im Hans-Sachs-Haus.
Olaf Walter löste Dr. Karl Bosold als Geschäftsführer der Evangelischen Kliniken ab. Das Foto entstand beim Neujahrsempfang der Revierinitiative im Hans-Sachs-Haus. © Unbekannt | Funke Foto Services GmbH






Walter: Die Klinik und das Werk sind in den letzten Jahren schon konsolidiert worden, unter unseren Vorgängern. Jetzt geht es um weitere Stabilisierung. Das heißt nicht kleiner werden, sondern das, was da ist, stabilisieren und weiterentwickeln. Montanus: Wobei – im Krankenhausbereich ist das Stichwort Kostenschere ja immer präsent. Da muss man in jedem Krankenhaus laufend schauen, ob man das eine oder andere effizienter gestalten kann, Prozesse verschlanken.

Kirche im Wirtschaftsbetrieb Krankenhaus aktiv

Herr Walter, Sie arbeiten jetzt für einen kirchlichen Träger. Sind Sie Protestant?

Walter: Ja. Und das steht auch tatsächlich als Voraussetzung in der Satzung. Aber ich vermute, dass das nicht das einzige Auswahlkriterium war . . . (lacht).

Neujahrsempfang im Seniorenstift an der Overwegstraße: Auch diese Einrichtung arbeitet unter dem Dach des Diakoniewerksverbundes.
Neujahrsempfang im Seniorenstift an der Overwegstraße: Auch diese Einrichtung arbeitet unter dem Dach des Diakoniewerksverbundes. © Unbekannt | Cornelia Fischer






Montanus: Ganz sicher nicht. Wir sind auch gar nicht mehr so sicher, ob wir das noch als Bedingung gelten lassen können nach dem EuGH-Urteil. Jedenfalls dann, wenn es sich nicht um ausdrücklich seelsorgerisch geprägte Aufgaben handelt. Aber uns liegt daran, das hier als kirchlich geprägtes Haus zu erhalten. Immer weniger Menschen können mit Kirche in Gemeindeform etwas anfangen und nehmen Kirche mehr in ihren diakonischen Lebensäußerungen wahr.

Fangen Sie in einem gesunden Haus an?

Walter: Ich fange in einem Haus an, das sehr viele Chancen hat und im Begriff ist, sich zu profilieren und die Stärken, die es hat, auszubauen.

Montanus: Mit der Gesundheit von Krankenhäusern ist es ein bisschen so wie mit Grippeviren. Man lässt sich impfen, hat das Gefühl gesund zu sein und dann hustet jemand und es hat einen doch erwischt. Soll sagen: Man ist von so vielem abhängig, es gibt so vieles, das unerwartet bedrohlich werden kann.

Walter: Die Krankenhausfinanzierung ist in NRW nicht auskömmlich, im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern, wir sind von anderen Einnahmen abhängig.

Was hat Sie persönlich für die Aufgabe in Gelsenkirchen eingenommen, Herr Walter?

Walter: Was mich sehr angesprochen hat, ist die sehr offene, zugewandte Art der Menschen, mit denen ich zu tun habe. Schon bei der Vorstellung. Ich habe mich direkt wohlgefühlt. Die Chemie stimmt.

Wohnen Sie in Gelsenkirchen?

Walter: Unter der Woche schon weitestgehend, an den Wochenenden fahre ich aber heim zu meiner Frau nach Aachen. Ihre Eltern leben dort und brauchen Unterstützung.

Herr Montanus, warum haben Sie als Superintendent diese Aufgabe zusätzlich übernommen?

Montanus: Es ist für mich eine Herausforderung, mir liegt daran, dass wir als Kirchenkreis präsent sind im Krankenhaus, das auch ein Wirtschaftsbetrieb ist. Und auch bei Mitarbeitenden, die nicht alle der christlichen Religion angehören. Seelsorge ist wichtig auch hier im Haus, wir haben gerade erst eine weitere Pfarrerin im Haus angestellt für ein Jahr, mit einer halben Stelle.

>>>Info: 2250 Mitarbeitende im Diakonieverbund


Zum Diakoniewerk gehören die Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen, (noch) das Martin-Luther-Krankenhaus Wattenscheid, das Ev. Seniorenstift, das Ev. Kinder- und Jugendhaus, Wichernhaus, Ambulante Dienste sowie Beratungsdienste.

Das Werk beschäftigt 2250 Mitarbeitende und zählt zu den größten Arbeitgebern in der Stadt. Jährlich werden 110.000 Menschen durch eine Einrichtung des Diakoniewerks betreut.