Gelsenkirchener Bürger zeigen Flagge gegen Rassismus
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Gelsenkirchen. . Dem Aufruf des Aktionsbündnisses zur Gegendemo folgten am Sonntag in Gelsenkirchen rund 2100 Menschen. Der Tag verlief weitgehend friedlich.
„Gelsenkirchen stellt sich quer“ und „Wir sind mehr“ – diese Slogans hat die Revierstadt am Sonntag tausendfach lebendig werden lassen und ein Zeichen gesetzt für Demokratie, Vielfalt und Toleranz und gegen Rassismus und Ausgrenzung. Gut 2100 Menschen waren dem Aufruf des Aktionsbündnisses 16.9. gefolgt und haben auf dem Heinrich-König-Platz klare Kante gezeigt gegen die Kundgebung der „Mütter gegen Gewalt“ und der „Patrioten NRW“, die sich mit etwa 350 rechten Sympathisanten auf dem Bahnhofsvorplatz versammelten.
Geschützt und konsequent voneinander getrennt, hat die Polizei mit einem Großaufgebot dafür gesorgt, dass die Kundgebungen weitgehend friedlich verliefen. Wie Polizeisprecher Torsten Sziesze mitteilte, ist ein Mann (65) verletzt worden. „Er hat vermutlich einen Gegenstand, wahrscheinlich eine Flasche, an den Kopf bekommen.“
Nach ersten Erkenntnissen gehörte der 65-Jährige wahrscheinlich zu den Gegendemonstranten, die sich versammelten, um für mehr Toleranz und Demokratie zu werben.
Des Weiteren ist ein Mann in Gewahrsam genommen worden wegen Widerstandes gegen Vollzugsbeamte – er soll angeblich einen Teleskopschlagstock (Totschläger) dabei gehabt haben.
Insgesamt leitete die Polizei acht Strafverfahren ein (unter anderem wegen Beleidigung, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollzugsbeamte) und nahm zwei Personen im Zuge der Abreise in Gewahrsam, weil sie den friedlichen Abmarsch störten. Unklar blieb, zu welchem Lager sie gehörten.
Friedensgebet leitet Gegendemonstration ein
Eingeleitet wurde der Demonstrationstag des Aktionsbündnisses mit einem Friedensgebet des Superintendenten Heiner Montanus und der Pfarrerin Kerstin Sowa in der evangelischen Altstadtkirche. Dazu läuteten die Glocken in der City. Juso-Vorsitzende Ronja Christofczik, Adrianna Gorczyk (Sprecherin-Bündnisgrüne) sowie Bürgermeisterin Martina Rudowitz (SPD) machten in ihren Reden unter großem Beifall deutlich, „dass Antisemitismus, Ausgrenzung und Rassismus hier in Gelsenkirchen unerwünscht sind und nichts zu suchen haben“.
Bonhoeffer-Lied erklingt bei „Mütter gegen Gewalt“
Auf der Seite der „Mütter gegen Gewalt“ und der „Patrioten NRW“ trat unter anderem Mona Maja ans Mikrofon. Ihre Botschaft: „Das Problem sind die gewaltbereiten Migranten, die unsere Regeln nicht einhalten.“ Zur Untermauerung ihrer Thesen von der Bedrohung durch Menschen mit fremden Wurzeln bemühte die Bottroperin Studien, die belegen sollen, dass beispielsweise 80 Prozent der Schutzsuchenden im Berliner Frauenhaus einen Migrationshintergrund haben und vorab von ihren Männern – ebenfalls Ausländer – misshandelt worden wären.
Einen christlichen Anstrich versuchte sich auch das rechte Lager zu geben: Ausgerechnet mit dem zu einem Lied vertonten Gedicht „Von guten Mächten treu und still umgeben“ des Theologen und hingerichteten NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer leiteten „Patrioten“ und „Mütter gegen Gewalt“ ihre Demonstration ein.
Zwei Märsche durch die Gelsenkirchener City
Quasi in Sicht- und Rufweite standen sich im Verlauf des Demo-Sonntages die Protestler von „Mütter gegen Gewalt / Patrioten NRW“ und die zahlenmäßig weit überlegenen Gegendemonstranten des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses 16.9. gegenüber.
Gut 80 Gegendemonstranten der Partei Die Linke bezogen Stellung an der Husemannstraße vor dem Bahnhofsvorplatz, während die Menschenmenge vom Heinrich-König-Platz nach den Rede- und Musikbeiträgen über die Bahnhofstraße Richtung Hauptbahnhof und Vorplatz zog – an der Spitze des Zuges Oberbürgermeister Frank Baranowski.
Polizeiketten trennen Lager am Bahnhofsvorplatz
In Höhe von Primark musste der Tross vor einer Polizeikette warten, weil eine kleine Gruppe rechter Anhänger unter Aufsicht von Beamten zur Kundgebung auf dem Vorplatz begleitet wurde – strikt wurden beide Lager getrennt.
Kurz darauf durften die Gegendemonstranten vorrücken und bezogen in Höhe von Backwerk am Bahnhofsvorplatz Stellung – auch hier getrennt von Einsatzwagen der Polizei und vielen Beamten.
Kurz nach 16 Uhr marschierten „Mütter gegen Gewalt / Patrioten NRW“ vom Bahnhofsvorplatz über die Ringstraße, Weberstraße, Augustastraße und erneut Ringstraße wieder zurück zum Bahnhof – ohne Zwischenfälle.
Rechte Gruppierungen und ihre Gegner in Gelsenkirchen
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