Gelsenkirchen. . Der Schweigezug durch Horst ruft Gewaltakt gegen Juden vor 76 Jahren ins Gedächtnis. Alljährliche Tour führt an Orte, die an die eigene lokale Geschichte erinnern. „Erinnerungsorte“ sind das „Kapp-Putsch-Denkmal“ und eine Grabstätte für sowjetische Zwangsarbeiter auf dem Horster Friedhof.
Der 9. November, über Tage war er nun in aller Munde. Des 25-jährigen Mauerfalljubiläums wegen. Doch schon 1938 markiert dieser Tag ein zentrales Geschehnis in der deutschen Geschichte. In eben dieser Novembernacht nämlich organisierten die Nationalsozialisten ein Pogrom gegen die noch in Deutschland lebenden Juden, die sie zynisch als „Reichskristallnacht“ betitelten.
Oberbürgermeister Frank Baranowski hingegen findet andere Worte und spricht vom „Tag, als auch durch Gelsenkirchen Nazi-Schlägertrupps zogen und auf unbescholtene Menschen Jagd machten.“ Diesen Tag im Gedächtnis behalten, das wollen nicht nur er, sondern auch die rund 180 Gelsenkirchener, die der alljährlichen Einladung der Demokratischen Initiative gefolgt sind.
Und so zeigt der OB ausdrücklich einige Parallelen im heutigen Weltgeschehen auf, erinnert an die Kämpfe gegen den Islamischen Staat in Syrien und Nordirak, an den Ukrainekonflikt. Aber er zieht auch einen Bogen hin zum lokalen Geschehen in Gelsenkirchen, erinnert an die Anti-Israel-Demonstrationen und an die Beschädigungen an der Synagoge in der Innenstadt in diesem Jahr. Die Proteste hätten eine Form angenommen, „die erschrecken kann, aber nicht sprachlos machen darf“. Man müsse klar Position beziehen gegen Gewalt, Rassismus, Diskriminierung. Und für Respekt, Toleranz und Zivilcourage.
Schweigemarsch bei Tageslicht
Anders als in den Vorjahren ist es noch hell am Himmel, als sich der Schweigezug am Nordsternplatz in Bewegung setzt. In Richtung Friedhof Horst-Süd geht es, am dortigen „Kapp-Putsch-Denkmal“ stellen ehemalige Schüler des Weiterbildungskollegs Emscher-Lippe einen der Orte vor „die an unsere eigene Geschichte erinnern“ (Baranowski), in diesem Fall an die frühen Versuche von Nationalisten, die Weimarer Republik zu zerstören. Vermerkt sind die Namen der Opfer des Kampfes der Horster Arbeiterschaft, 1947 ergänzte man die Namen der Naziregimegegner.
Ein „Erinnerungsort“ sei es, ebenso wie die Grabstätte für sowjetische Zwangsarbeiter zu der der Marsch weiter zieht. Als dann zum Abschluss das Lied der Moorsoldaten erklingt, beginnt es so langsam zu dämmern.