Essen-Rüttenscheid. Auch in den Nachbarstädten wird die Essener “Rü“ als Einkaufsstraße immer beliebter. Die Filialisierungsquote mit 14 Prozent bei rund 400 Händlern ist einmalig in der Region. Das hat aber auch Folgen: Die teilweise gestiegenen Geschäftsmieten machen manchen Händlern zu schaffen.

Die Rüttenscheider Straße genießt auch in den Nachbarstädten einen guten Ruf – und gehört nach Einschätzung der Essener Industrie- und Handelskammer mittlerweile zu den Top-Standorten in NRW. „So weit würde ich mich nach der Entwicklung der vergangenen Jahre aus dem Fenster lehnen“, sagt Guido Zakrzewski von der IHK.

Ein Indiz für diese positive Außenwahrnehmung: Immer häufiger werden Vertreter der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR) zu Veranstaltungen in die Nachbarstädte eingeladen, um über die Entwicklung und das Erfolgsgeheimnis zu referieren, zuletzt etwa beim Handelsforum Ruhr der IHK Niederrhein in Duisburg. Zudem mehren sich die Anfragen von Studenten aus dem Bereich Stadtplanung oder Wirtschaft, die ihre Bachelor- und Masterarbeiten über die Entwicklung des Stadtteils schreiben.

Nur 14 Prozent der 400 Geschäfte sind Ketten-Filialen

Nicht zuletzt aber häufen sich vor allem die Anfragen von Einzelhändlern aus der näheren Umgebung. Erst am Montag habe er wieder zwei Anfragen nach frei stehenden Ladenlokalen entlang der Rü oder in den nahe Seitenstraßen erhalten, berichtet IGR-Vorsitzender Rolf Krane. Er begründet den Erfolg in erster Linie mit der guten Mischung und dem niedrigen Filialisierungsgrad: „Nur 14 Prozent der insgesamt rund 400 Einzelhändler sind Filialisten. Eine ähnliche Quote gibt es in der gesamten Region nicht.“ Von Kaffeeröstereien bis hin zu Hockey-Spezialgeschäften sei die Individualität das Reizvolle, so Krane.

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Gleichwohl verheiße ein Ladenlokal in begehrter Lage entlang der nicht zwangsläufig eine Goldgrube. So zogen einige Eigentümer mit wachsendem Erfolg der Einkaufsstraße ihre Geschäftsmieten kräftig an. „Das hat zum einen den positiven Effekt, dass sich dort vorzugsweise Handel im qualitativ hochwertigeren Segment niederlässt. Es birgt aber auch die Gefahr, dass die Miete den Gewinn so schmälert, dass es sich nicht mehr lohnt“, warnt auch Marc Heistermann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Ruhr.

„Es gibt viele alteingesessene Rüttenscheider Eigentümer, die mit viel Augenmaß und Blick auf die Entwicklung des Stadtteils vermieten. Dann sind da aber auch noch die Immobilienfonds, die nicht selten im Ausland sitzen und die Geschäftsräume in erster Linie nach Kennzahlen vermieten“, bedauert Rolf Krane.

Auch bei der Industrie- und Handelskammer verfolgt man die Entwicklung mit Interesse. Zumal Rüttenscheid einen Trend umkehrt – in vielen anderen Stadtteilen ist zunehmender Leerstand zu beklagen. „Das Drumherum und die Aufenthaltsqualität müssen stimmen. In Rüttenscheid ist das der Mix mit der Gastronomie“, so Guido Zakrzewski. Da es kaum große Verkaufsfläche gebe, sei automatisch mehr Qualität gegeben. „Konzentration statt Wachstum ist die Devise. Deswegen wird sich die Rüttenscheider Straße weiter positiv entwickeln“, sagt Zakrzewski.