Essen-Rüttenscheid. Eine 71-jährige Besucherin des Rü-Festes in Essen geriet am vergangenen Wochenende in eine entwürdigende Lage. Der Inhaber einer Weinbar wies die Frau ab, als sie seine Toilette benutzen wollte. Grund für sein Verhalten sei die Masse alkoholisierter Besucher gewesen, sagt er.
„Kein Erbarmen auf dem Rü-Fest“ - unter diesem Titel erreichte uns eine E-Mail von Monika Hengsbach, deren Geschichte haarsträubend klingt. Gemeinsam mit einer Freundin hatte die 56-Jährige am Samstag das Straßenfest besucht. Ihre unter einem empfindlichen Darm leidende, 71-jährige Begleiterin habe vor lauter Not in der Weinbar „Emma 2“ angefragt, ob sie dort die Toilette aufsuchen dürfe. „Hartherzig“ habe der Besitzer die beiden Damen mit den Worten „das machen wir nicht!“ abgewiesen. „Dabei ist sie dort doch häufig zu Gast. Das Verhalten war unmenschlich“, urteilt Hengsbach. Ihre Freundin habe es nicht mehr nach Hause geschafft, machte sich auf dem Heimweg in die Hose. „Es war so demütigend“, ist Hengsbach noch immer ganz aufgelöst.
Keine öffentliche Toilette
Rainer Podzuck, besagter Besitzer der Anfang des Jahres eröffneten Weinbar in der Emmastraße, kann sich nicht genau an den Vorfall erinnern, will ihn aber auch nicht abstreiten. „An dem Tag sind sicherlich zehn bis 15 Rü-Fest-Besucher bei uns zur Toilette gegangen. Mitunter kamen hier randalierende, betrunkene Menschen herein. Irgendwann hat es mir schlichtweg gereicht“, sagt Podzuck, dem die Geschichte mit der 71-jährigen Dame leid tut. „20 Meter weiter waren Dixi-Klos aufgestellt. Bei allem Verständnis für die Not einiger, ist mein Laden ja keine öffentliche Toilette“, sagt Podzuck, der das Verhalten mancher Besucher anprangert.
„Die haben ihre Getränke mit in den Laden genommen, sind wie selbstverständlich auf die Toilette gegangen. Wie es dort am Ende aussah, darüber mag ich gar nicht reden“, sagt Podzuck. Er kenne einige Ladenbesitzer in Seitenstraßen, die ganz bewusst geschlossen hätten, um den „Krawall“ heraus zu halten. „Ich kann mich noch an die ersten Rü-Feste vor 20 Jahren erinnern, da ging es doch deutlich zivilisierter zu“, so Podzuck und benennt eine „generelles gesellschaftliches Problem“ als Ursache.
An „normalen Tagen“ habe er kein Problem damit, seine Toilette zur Verfügung zu stellen: „Es kommen immer mal wieder Marktbesucher oder Mütter mit Kindern herein, die natürlich das WC benutzen dürfen. Aber das kann man mit dem Andrang am vergangenen Samstag überhaupt nicht vergleichen“, sagt der 60-Jährige.
Verwundert über den Vorfall zeigt sich Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid, die das Rü-Fest organisiert: „Die Erfahrung zeigt, dass viele der aufgestellten, sechs Toilettenwagen und auch die mobilen Dixi-Klos nur wenig genutzt werden“, so Krane.
Grundsätzlich, glaubt er, gebe es keine Probleme mit der Notdurft auf der Rü. „Viele Gastronomen öffnen auch für Nicht-Gäste das WC. Außerdem ist mit dem Neubau Rü62 eine zusätzliche Toilette hinzugekommen.“
„Nette Toilette“ könnte eine Lösung sein
Das Projekt „Nette Toilette“, mit dem einige Städte und ihre Gastronomen bereits für eine kostenlose WC-Nutzung werben, war im vergangenen Jahr auch für Rüttenscheid im Gespräch. So hatte die Bezirksvertretung (BV) II bei der Interessengemeinschaft Rüttenscheid angeregt, ein ähnliches Projekt mit hiesigen Restaurants und Kneipen umzusetzen. „Grundsätzlich sind sicherlich einige Gastronomen bereit, ihren Laden mit einem solchen Schild zu versehen. Allerdings haben wir bislang von der BV keine Antwort auf einige Fragen bekommen“, sagt IGR-Vorsitzender Rolf Krane. So sei offen, ob sich die Bezirkspolitik mit einem Beitrag an den Reinigungskosten beteilige und wie sie sich das Konzept generell vorstelle. „Viele Wirte öffnen Fremdkunden ja bereits die Türen, wenn sie auf die Toilette müssen. Für Ältere wäre eine Kennzeichnung vielleicht sinnvoll. Denn gerade bei Senioren ist die Angst, vor die Tür zu gehen groß, wenn sie keine Toilette in der Nähe wissen“, so Krane.