Essen. . Ein beklemmendes Antikriegsdrama und zugleich eine packende Psychostudie hat die Neuseeländerin Bronwyn Tweddle für die Studio-Bühne inszeniert. Während der deutschen Erstaufführung von „Mutter Furie“ der englischen Travelling Light Theatre Company war die atemraubende Spannung im Publikumssaal spürbar.
Tweedle entschied sich für ein karges wie neutrales Bühnenbild: Ein Tisch, zwei Stühle, eine Waschschüssel und ein paar abstrakte Kreidezeichnungen am Boden, nichts lässt sich konkret verorten. Wichtig ist nur: Es handelt sich um das Haus einer verwitweten Mutter, deren Sohn in den Krieg gezogen ist. Ein junger Soldat der namenslosen Feindesmacht entert das Domizil und überreicht ihr einen Brief: Ihr Land ist besetzt, bis zum Ende der Kampfhandlungen soll der Eindringling bei ihr wohnen. Angst und Misstrauen beherrschen das Szenario anfangs, unterstützt dadurch, dass die beiden die Sprache des anderen nicht verstehen.
Live-Musikbegleitung
Diesen Kniff verstärkt Tweddle dadurch, dass sie für die Passagen des Soldaten den englischen Originaltext verwendet, die Mutter aber in der deutschen Übersetzung reden lässt. Nur langsam arrangieren die Protagonisten sich, nähern sich an, schließlich scheint die Mutter den feindlichen Soldaten sogar als Ersatzsohn zu akzeptieren. Doch die Wirren des Krieges macht auch von ihnen nicht Halt.
Es ist schon faszinierend, mit welch einfachen Mitteln hier die bedrückende Atmosphäre erzeugt wird. Präzise lässt Tweedle ihre beiden Protagonisten agieren, Kerstin Plewa-Brodam als Mutter und Stephan Rumphorst als Soldat zeigen eine hervorragende darstellerische Leistung auf höchstem Niveau. Bei ihnen sitzt jede Geste, jeder Gesichtszug. Wenn die beiden etwa bei ihrer ersten Begegnung anfangen zu kämpfen, wirkt dies fast schon wie ein Tanz – auch durch die intelligent eingesetzte Live-Musikbegleitung von Heiko Salmon, der mit Gitarre und Akkordeon den Rhythmus des Stücks vorgibt. Ein toller Kontrapunkt zu dem tatsächlichen Tanz der beiden an späterer Stelle.
Ständig ertappt man sich dabei, die Protagonisten genau zu beobachten, ihr Handeln, ihr Schweigen, ihre Blicke zu deuten und zu interpretieren. Denn praktisch allein dadurch transportieren sie das Geschehen und ihr Verhältnis zueinander – das Textbuch des 90-minütigen Stück könnte man wohl ohne Regieanweisungen auf knapp drei Seiten zusammenfassen. Zusätzliche Spannung erhält das Drama durch den Kniff, dass das Ende durch ein surreales Intro vorweggenommen wurde – ständig fragt man sich, wie es wohl dazu kommen wird. So sieht intelligentes Theater aus!