Essen. . Seit 26 Jahren betreibt Mo Golestan das vegetarische Restaurant Zodiac. Damit ist sein Lokal das älteste seiner Art in Essen. Der Gastronom erzählt über die Anfänge vor fast drei Jahrzehnten - und wie sich unsere Geschmäcker seitdem verändert haben.

Mo Golestan weiß genau, wie man sich als Außerirdischer auf der Erde fühlt. Als er und seine Frau vor 26 Jahren in Rüttenscheid Essens erstes rein vegetarisches Restaurant eröffneten, kam es immer wieder zu Szenen, in denen sich der heute 70-Jährige vorkam, als sei er von einem anderen Stern. Heute ist das Zodiac eines von vier vegetarischen Restaurants in der Stadt. „Die Leute aus der Nachbarschaft haben geglaubt, dass vegetarisches Essen gar nicht schmecken könne. Viele haben uns von unserer Idee abgeraten und uns komisch angeguckt“, erzählt der Deutsch-Iraner im grünen Hemd.

Vor ihm stehen zwei Gläser frisch gepresster Zitronensaft mit Akazienhonig und Mineralwasser, doch Golestan steht immer wieder auf, unterhält sich mit ein paar Angestellten, empfängt Gäste. „Ich bin gleich wieder da“, flüstert er lächelnd herüber, dann ist er verschwunden. Währenddessen verrät ein Blick auf die Speisekarte, dass es genau zwölf Gerichte aus zwölf Ländern gibt. Die meisten klingen unspektakulär, einige kennt man bereits aus anderen Küchen. So zum Beispiel spanische Kartoffeltortilla, mit Gemüse befüllte Paprika und Ratatouille. Bei den Pizzen – auch hier sind es exakt zwölf Sorten – muss man schon etwas länger überlegen. Der Belag besteht unter anderem aus Kartoffeln, Tofu, Schafskäse und Zwiebeln. Pizza „Löwe“ wird gar mit Blumenkohl, Sojafleisch, Tomaten und indischen Kräutern zubereitet. „Selbst vegetarische Pizzen werden oft mit Dosengemüse belegt. Wir wollen aber echtes Bio-Essen anbieten und es soll anders sein“, erklärt Golestan, wieder auf seinem Stuhl sitzend.

Anfangs nur zwei, drei Gäste pro Tag

Aber nicht nur die Speisekarte, selbst Öffnungszeiten und Firmenlogo folgen der ganz eigenen Philosophie des Firmengründers. Vor allem die Zahl Zwölf scheint es ihm angetan zu haben. Tatsächlich stehen im Gästeraum genau zwölf Tische, alle mit eigenen Namen versehen. Und auf der Internetseite des Zodiac gibt es eine eigene Rubrik, die sich „Kosmos“ nennt. Der Leser erfährt dort, dass es „sicherlich kein Zufall ist, dass wir das Zodiac am 12.12.1987 eröffnet haben.“ Die Zwölf taucht in der Telefonnummer auf und der Flyer des Restaurants lässt sich so falten, dass man am Ende eine Uhr mit den Öffnungszeiten erhält.

„Ja, so etwas macht mir viel Spaß“, gibt Golestan zu. „Die Einrichtung haben wir auch selbst gemacht.“ Als das Zodiac eröffnete, kamen häufig nur zwei oder drei Gäste am Tag. Die ersten Jahre seien hart gewesen und oft entmutigend, berichtet Golestan. Da wirkt es fast beruhigend, als der Gastronom erklärt, er habe das Restaurant nicht eröffnet, um Geld zu verdienen. Dann korrigiert er sich und sagt: „Uns ging es nicht darum, reich zu werden. Wir hatten ein Konzept und zwar, ein Restaurant für ein anderes Publikum zu machen.“ Mittlerweile kommen täglich bis zu 50 Gäste. Die meisten sind jung und offen für Trends. Einige treue Stammkunden sind dabei und viele Leute, die gar nicht vegetarisch leben, aber etwas ausprobieren wollen.

Mo Golestan kam vor 33 Jahren aus dem Iran

Als Golestan vor 33 Jahren aus dem Iran auswanderte, war der Vegetarismus nicht nur in Essen größtenteils unbekannt. „Im Iran wird viel Fleisch gegessen, es hat also nichts mit meiner Heimat zu tun“, so der Geschäftsführer. „Es gab hier einfach kein Angebot, daher haben wir eines geschaffen.“ Doch die Konkurrenz schläft nicht. In fast jeder Gaststätte gibt es inzwischen ein, zwei Gerichte ohne Fleisch. Sogar in der Spitzengastronomie versucht man sich an veganen Rezepten.

Die Kunden nehmen das gerne an, schließlich liegt es im Trend - und gesund soll es auch sein. Golestan sagt, gerade im vergangenen Jahr seien viele Läden umgeschwenkt und hätten ihre Speisekarten angepasst. Er selbst habe daraufhin beschlossen, komplett vegan zu leben und hätte seitdem keine Magenprobleme mehr. Auch im Restaurant kann der Kunde alles vegan haben. Ökonomisch gesehen sei die Neuausrichtung nur konsequent: „Ich habe letztes Jahr die Gelben Seiten durchgeblättert und alle Pizzerien gezählt. Es gibt mehr als 600 in Essen, aber nur wir sind komplett vegetarisch oder auf Wunsch auch vegan.“

Wenn ein Gast das Lokal verlässt, steht Golestan auf, bedankt sich und verabschiedet den Besucher. Viele Kunden fragen bei der Gelegenheit, wie das Essen gemacht werde. Der ergraute Gastronom erklärt bereits seit 26 Jahren, dass es an den Gewürzen liege. „Dass wir Fleisch essen, ist nur Gewohnheit.“