Essen. . Um den Sanierungsplan einhalten zu können, empfiehlt die Essener Stadtspitze der Politik, den Hebesatz ab 2015 von 590 auf 670 Prozent zu hieven: „Das ist zumutbar“.
Das Wort sagt schon alles: Immobilien heißen so, weil man mit ihnen nicht mobil ist. Weil man nicht einfach in die Nachbarschaft ziehen kann, wenn einem die Steuerlast zu schwer wird. Der Bewohner zieht um? Dann springt halt ein anderer – Mieter oder Eigentümer – finanziell in die Bresche, was die Grundsteuer B ausgesprochen gut berechenbar macht.
Erst 2010 hat sich die Stadt Essen all diese Umstände zunutze gemacht, um ihre Bürger für den schwindsüchtigen Stadt-Etat zur Kasse zu bitten. Nun steht für 2015 eine erneute Erhöhung an, „es geht nicht anders“, signalisiert die Stadtspitze.
Denn obwohl man in den vergangenen fünf Jahren schon Sparerfolge in dreistelliger Millionenhöhe erzielt und parallel manches auf den Weg gebracht habe – die Finanzlage der Stadt ist ähnlich heikel wie 2009, vielleicht, so OB Reinhard Paß, noch problematischer als damals.
Als Grund nennt er externe Effekte: die Energiewende mit daraus folgernden Gewerbesteuer-Einbrüchen, die Asyl-Kosten und höher als erwartet ausfallende Tarifabschlüsse, Orkan Ela und niedriger als erwartet ausfallende Schlüsselzuweisungen des Landes.
An der Steuererhöhung führt kein Weg vorbei
Dass die Stadt weniger Zinsen zahlt als befürchtet und einige Einnahmeverbesserungen zu verzeichnen sind, hilft ein wenig. Doch unterm Strich fällt die Etatlücke rechnerisch deutlich größer aus als angepeilt: Ein Loch von 33,4 Millionen Euro erlaubt der Haushaltssanierungs-Plan, am Ende droht es mehr als doppelt so groß zu werden: 68,4 Millionen Euro – auch weil der chronisch unterfinanzierte Sport-Sektor sowie Theater und Philharmonie profitieren sollen.
Mit dem Hinweis, dass die Bürger damit ja irgendwie ihr eigenes Sport- und Kulturprogramm am Leben erhalten, versucht die Stadtspitze nun, die höhere Grundsteuer schmackhaft zu machen. Der Hebesatz für die von Mietern wie Eigentümern zu zahlende Grundsteuer B soll von 590 auf 670 Prozent steigen. Unterm Strich zahlen alle also 13,6 Prozent mehr.
Keine große Summe, wie Paß gestern betonte: Für sein Einfamilienhaus im Stadtwald steigt die Belastung von 192 auf rund 218 Euro, 26 Euro mehr pro Jahr, „das ist zumutbar.“ Und da die Grundsteuer im Prinzip umso höher ausfällt, je besser die Wohnlage ist, enthält eine Grundsteuer-Erhöhung auch eine soziale Komponente. Hebesätze besagten eh nicht viel: Bei deutlich geringerem Hebesatz liege der Pro-Kopf-Betrag in Düsseldorf deutlich höher als in Essen.
So oder so, an der Steuererhöhung – das berichtete die NRZ schon vor Wochen – führt laut Stadtspitze kein Weg vorbei, denn auf keinen Fall darf die Sparlinie des Haushaltssanierungs-Planes gerissen werden: Der ist ja Bedingung für die Auszahlung jener 90 Millionen Euro, die Essen aus dem Stärkungspakt des Landes erhält.
Beachtliches Risikopotenzial
„Es macht uns keinen Spaß, Steuern zu erhöhen, aber wir können nicht anders“, formuliert OB Paß, und tatsächlich scheut sich die Stadt auch, noch höhere Hebesätze vorzuschlagen, obwohl sich trotz Steuerplus eine beachtliche Deckungslücke von 19 Millionen Euro bis auf weiteres nicht schließen lässt:
„Dass uns das nicht gelingt, ist eine gewisse Schwäche“, räumte gestern Lars Martin Klieve ein, der städtische Finanzchef: Er sieht „überaus beachtliches Risikopotenzial“, ist aber dennoch zuversichtlich, dass die Kommunalaufsicht das Zahlenwerk durchwinkt.
Manche Kröte inklusive: Eine Nettotilgung der Schulden etwa wird es 2015 nicht geben. Und übrigens auch keinen Vorschlag, die Gewerbesteuer für Unternehmen zu erhöhen. Denn die sind – siehe oben – im Zweifel mobiler, als es der Stadt lieb ist.