Essen. . Eigentlich müssten sich die Betriebe mit Blick auf die sinkenden Schulabgängerzahlen jetzt mit den Nachwuchskräften von morgen eindecken. Doch in den meisten Branchen ist alles andere der Fall.
Die Gründe sind so vielfältig, wie die Entwicklung eindeutig ist: Der Essener Ausbildungsmarkt schrumpft zusehends, in manchen Branchen ist die Zahl der abgeschlossenen Lehrverträge bereits im vierten Jahr rückläufig, sagt Heinz-Jürgen Guß von der Industrie- und Handelskammer in Essen. Die Tendenz ist gefährlich für Betriebe, und eigentlich müsste sie eine gänzlich andere sein.
„Rückläufige Phase“
Seit zehn Jahren schon appelliert die örtliche IHK an die Unternehmen, sich möglichst mit Nachwuchskräften einzudecken, um einem absehbaren und vielleicht auch dramatischen Fachkräftemangel von morgen vorzubeugen: Spätestens 2020, so die nicht mehr taufrische, aber häufig ignorierte Prognose, wird die Zahl der Schulabgänger um ein Fünftel schrumpfen. Scheiden dann bewährte Mitarbeiter aus, wird’s schwierig für die Betriebe, geeignete Nachfolger zu finden.
„Eigentlich müsste der berufliche Nachwuchs jetzt schon angehäuft werden“, mahnt Guß mit Blick auf den kleiner werdenden Ausbildungsmarkt: „Das ist der Beginn einer rückläufigen Phase.“
Bei den Metallberufen zum Beispiel ist die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge seit 2010 auf dem absteigenden Ast, so Guß. Sie sank von 457 auf 420. Die Entwicklung werde sich fortsetzen, auch weil die Betriebe weniger geeignete Bewerber finden. Die Ansprüche sind durch Technik und Fortschritt höher geworden.
Druck- und Medienbranche verzeichnet größten Einbruch
Auf dem Bau bröselt’s ebenfalls: Wurden vor vier Jahren noch 77 Lehrlinge neu eingestellt, waren es im vergangenen Jahr nur 64, dieses Jahr werden’s wohl noch weniger sein, glaubt Guß: „Da spielt die Konjunktur eine große Rolle“ bei der Zurückhaltung der Firmen.
Einen Einbruch wie er im Buche steht, erlebte die Druck- und Medienbranche: Binnen vier Jahren sank die Zahl der Auszubildenden eines Jahrgangs von 105 auf 61, ein Minus von 40 Prozent. Viele kleine Druckereien mussten dicht machen, weil sie der Konkurrenz von Internet-Angeboten nicht gewachsen waren. Und: „Viele junge Leute zieht es nicht mehr zu einer solchen handwerklichen Tätigkeit“, meint Guß.
Eine positive Ausnahme
Während die Vier-Jahres-Bilanz bei den gewerblich-technischen Berufen und im Handel zum Beispiel von allzu großen Eruptionen verschont blieb, zeichnet sich in der E-Technik-Sparte die vielleicht einzige positive Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt ab: Wurden 2010 noch 289 neue Ausbildungsverträge geschlossen, waren es im vergangenen Jahr 353, Tendenz weiter steigend: Jugendliche finden die Branche interessant und die Betriebe haben genügend Interessenten. Das ist nicht immer so.