Essen. Kevin Sturm hat seine Ausbildung als Anlagenmechaniker bei den Essener Stadtwerken abgeschlossen. Die Agentur für Arbeit bezahlte ihm eine ausbildungsbegleitende Hilfe, eine Nachhilfe für die Berufsschule. Weil der 22-Jährige sonst vermutlich an seinen Problemen mit Mathe gescheitert wäre.

Kevin Sturm ist stolz. Der Mann hat seinen Gesellenbrief als Anlagenmechaniker im Bereich Rohrsystemtechnik in der Tasche und eine Anstellung bei den Essener Stadtwerken. Dass der 22-Jährige sein berufliches Ziel erreicht hat, hat er einem Angebot der Agentur für Arbeit zu verdanken. Die bezahlte ihm eine so genannte ausbildungsbegleitende Hilfe – Nachhilfe-Unterricht für die Berufsschule. Sonst wäre Sturms Ausbildung bei den Stadtwerken vermutlich an seinen Problemen mit Mathe gescheitert.

Michael Kinzler, Sprecher der Agentur für Arbeit, hat festgestellt, dass „viele Unternehmen leider nicht wissen, dass wir, wenn es notwendig ist, einen solchen Nachhilfe-Unterricht schon vom ersten Ausbildungstag an ermöglichen und bezahlen.“ Natürlich müsse von der Schule bestätigt werden, dass ohne diese Unterstützung die Ausbildung zu scheitern drohe. „Wir bezahlen so etwas nicht, wenn ein Auszubildender in einem Fach eine vier hat und lieber eine zwei hätte.“ Kooperationspartner der Arbeitsagentur für den so genannten Stützunterricht ist in Essen das Bildungsinstitut Nestor.

Bei dem privaten Bildungsanbieter wurde auch Kevin Sturm fit für den Berufsschul-Unterricht gemacht. Seine Ausbildung begann er mit einer Fachoberschulreife. Er bestand den 70-seitigen Test der Stadtwerke für Lehrstellen-Bewerber. „In der Berufsschule kam ich dann aber nicht klar“, sagt er. Prozent-Rechnung, Dreisatz, Bauteile berechnen, Mischungs-Verhältnisse bestimmen – all das war nicht sein Ding. „Dazu kam, dass wir in der Schule immer mit Taschenrechnern gearbeitet haben. Unsere Ausbilder erwarten aber, dass man auch mal Sachen schnell im Kopf ausrechnen kann.“

Hier kann man Hilfe beantragen

Wer sich für ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) interessiert, kann sich an die Agentur für Arbeit wenden. Für Jugendliche gilt die kostenfreie Service-Nummer: 0800/ 4-5555-00; für Arbeitgeber: 0800/4-5555-20. Ausnahme: Wer Leistungen vom Jobcenter bezieht, muss sich an dieses wenden.

Der Stützunterricht kann vom ersten Ausbildungstag an bewilligt werden und, so nötig, die ganze Lehrzeit über in Anspruch genommen werden. Maximale Förderzeit: dreieinhalb Jahre.

Ausbildungsbegleitende Hilfen können für alle Ausbildungsberufe beantragt werden.

Zweieinhalb Jahre hat Kevin Sturm während seiner Lehre immer donnerstags drei Unterrichtsstunden lang berufsbezogene Mathematik bei Nestor gepaukt. Mit Erfolg. Dietmar Sparig, Leiter der Ausbildungswerkstatt der Stadtwerke, bedauert, „dass die jungen Leute heute Sachen in der Schule lernen, die sie später nicht für ihr Leben brauchen. Was nützt es, wenn einer Integralrechnung hatte, aber nicht in der Lage ist, mir zu sagen, was 100 Gramm Käse kosten, wenn er den Preis eines Pfundes kennt.“ Keine Seltenheit bei Schulabgängern, wie der Diplom-Ingenieur betont.

Wenn jemand die Grundrechenarten nicht beherrsche und dann eine Lehre machen wolle, sei dies heute ein größeres Problem als in früheren Zeiten. „Denn die Technik ist in vielen Berufen weit fortgeschritten und damit sind auch die Anforderungen an unsere Auszubildenden gestiegen.“

Kevin Sturm ist froh über die Hilfe in seiner Berufsschulzeit. Und die Stadtwerke freuen sich über einen neuen festen Mitarbeiter. Für sie inspiziert Sturm jetzt Essens Kanäle.