Essen. Der 47-jährige Günther O. muss sich wegen Mordes und fünffachen sexuellen Missbrauchs verantworten. Sein Sohn Daniel (22) sitzt wegen Beihilfe auf der Anklagebank des Schwurgerichts.
Der hinterhältige Mord an der 23-jährigen Madeleine W. aus Gelsenkirchen, deren einbetonierte Leiche die Polizei im Februar in einem Dellwiger Kleingarten entdeckte, wird in wenigen Wochen vor dem Essener Schwurgericht verhandelt. „Die Kammer hat den Prozessbeginn für August in Aussicht gestellt“, sagte Landgerichtssprecher Mathias Kirsten gestern auf NRZ-Anfrage. Es sei jedoch noch kein fester Termin genannt worden. Kirsten geht inzwischen davon aus, dass die beiden Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs und Mordes an der jungen Mutter verbunden werden.
Neben dem 47-jährigen Günther O., Stiefvater des Opfers, wird dann auch dessen Sohn Daniel auf der Anklagebank sitzen. Der 22-Jährige soll nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft als Lockvogel fungiert haben, um ein Treffen der jungen Frau mit ihrem mutmaßlichen Mörder zu arrangieren. Der junge Mann leugnet die Vorwürfe bis heute, er will mit dem Gewaltverbrechen an seiner Stiefschwester nichts zu tun gehabt haben.
Frauenverband wiederholt Vorwürfe
Bereits vor der Mordanklage im Juni hatte die Staatsanwaltschaft Günther O. des fünffachen sexuellen Missbrauchs an seiner Stieftochter beschuldigt. Als es zu den Übergriffen am damaligen Wohnort der Familie im sächsischen Kamenz kam, war das Mädchen zwischen 14 und 18 Jahre alt. Dass die junge Frau ihren Stiefvater Jahre nach den Taten zwischen April 2004 und April 2008 angezeigt hatte, dürfte nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft der Grund für ihren gewaltsamen Tod gewesen sein.
Vor diesem Hintergrund hat der Essener Frauenverband Courage seine schweren Vorwürfe in Richtung der Justiz noch einmal wiederholt. In einem offenen Brief an Oberstaatsanwältin Anette Milk, Sprecherin der Behörde, heißt es: „Über ein Jahr lang lief der Täter trotz erdrückender Beweise frei herum. Wir denken, dass Madeleine heute noch leben könnte, wenn gegen ihren Stiefvater zügiger ermittelt worden wäre. Wurde das Risiko, dass von diesem Täter ausging, unterschätzt und wurden darum notwendige Maßnahmen zur Sicherheit des Opfers vernachlässigt?“
Zwei Wochen ist das Schreiben jetzt alt. Eine Antwort, so Courage, habe es bislang nicht gegeben. Angeblich sei der Brief nicht angekommen, habe es auf Nachfrage bei der Behörde geheißen. Gestern hat der Frauenverband seinen Brief noch einmal losgeschickt und wartet nun erneut auf eine Reaktion.
Keine Drohungen im Vorfeld
Die dürfte wenig überraschend ausfallen. Die Kritik, zu langsam gearbeitet zu haben, hat die Staatsanwaltschaft bereits vor Monaten entschieden von sich gewiesen. Die notwendigen Voraussetzungen für einen Haftbefehl in dem Sexualstrafverfahren hätten bis zu dem Mord an Madeleine nicht vorgelegen. Zudem, so heißt es, war nicht erkennbar, dass die Mutter einer zweijährigen Tochter gefährdet gewesen sein könnte. Es seien im Vorfeld keine Drohungen des mutmaßlichen Mörders bekannt geworden, der schon lange vor dem grausamen Verbrechen Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren gehabt habe.