Was muss in einem solchen Menschen vorgehen? Erst missbraucht er seine Stieftochter jahrelang, zeugt ein Kind mit ihr, ermordet sie zwei Jahre nach der Geburt der kleinen Eileen und fragt sieben Tage nach ihrem grausamen Tod auch noch scheinheilig: „Wo bist du?“ So lautet der letzte „Facebook“-Eintrag von Günther O. vom 17. Februar. Es ist seine Reaktion auf die Vermisstenmeldung der Polizei und die letzte öffentliche Botschaft des mutmaßlichen Mörders. Einen Tag später fasst die Polizei den Mann, der einen teuflischen Plan ausgeheckt haben soll, um sich an seiner Stieftochter zu rächen.

Weil Madeleine W. ihn in ihrer Verzweiflung und aus Angst vor weiteren Übergriffen des sexuellen Missbrauchs anzeigte, muss sie sterben. Acht Tage nach ihrem Tod nimmt die Polizei den ehemaligen Platzwart am 18. Februar unter dem Verdacht fest, die 23-Jährige erstickt und auf seiner Parzelle eines Kleingartens in Dellwig einbetoniert zu haben.

Prozess rückt näher

Seitdem schweigt Günther O. und wartet auf seinen Prozess, der nun näher rückt: Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage wegen Mordes gegen den 47-Jährigen erhoben. Sein Sohn Daniel muss sich wegen Beihilfe verantworten. Dem 22-Jährigen, der nach wie vor jede Beteiligung an dem Kapitaldelikt leugnet, wirft Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens vor, sich mit Madeleine verabredet und das von ihr sicher nicht gewollte Zusammentreffen mit ihrem Stiefvater arrangiert zu haben.

Dass die beiden Männer zu diesem heimtückischen Zweck über Internetkanäle Kontakt zu der jungen Mutter aufgenommen haben sollen, die nach einem kurzen Aufenthalt im Frauenhaus mit einem neuen Lebenspartner in Gelsenkirchen wohnte, wollte Oberstaatsanwältin Anette Milk gestern auf Nachfrage nicht kommentieren: „Dazu sage ich nichts.“ Auch nicht dazu, dass in Wirklichkeit der Stiefvater am Computer gesessen haben soll, während Madeleine dachte, sich mit ihrem Bruder auszutauschen.

Wenn es eine Finte war, war sie hinterhältig, doch umso besser funktionierte sie: Am 10. Februar trifft sich die junge Frau, nachdem sie ihre Tochter um 7.30 Uhr im Kindergarten abgegeben hat, morgens nichts ahnend mit ihrem Halbbruder am Gelsenkirchener Hauptbahnhof, als zu ihrem Entsetzen Günther O. auftaucht. Gemeinsam und vermutlich gegen ihren Widerstand fahren die drei zu der Kleingartenanlage an der Levinstraße, wo schließlich das Unfassbare passiert.

Als Madeleine am Nachmittag ihre Tochter nicht wie sonst üblich aus dem Kindergarten abholt, unterrichtet die Kita-Leitung den Freund der jungen Frau, der die Polizei benachrichtigt. Nur einen Tag später fahnden die Behörden in Essen und Gelsenkirchen öffentlich mit einem Foto nach Madeleine, die bereits geknebelt, gefesselt und ermordet unter einer frisch gegossenen Betonplatte begraben in dem Kleingarten ihres Stiefvaters liegt, wo sie am 18. Februar entdeckt wird.

Fünf Mal missbraucht

Bereits vor einigen Wochen ist Günther O. schon einmal angeklagt worden (die NRZ berichtete). Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Madeleine zwischen 2004 und 2008 fünf Mal sexuell missbraucht zu haben. Beim ersten Mal war das Mädchen gerade einmal 14. Ob die beiden Gerichtsverfahren am Ende verbunden werden, ist noch offen. Darüber sei noch keine Entscheidung getroffen worden, teilte Oberstaatsanwältin Milk gestern mit.