Essen. In den neun Essener Bezirksvertretungen werden die Stadtteil-Themen verhandelt. Die Bürger wählen bei der Kommunalwahl am 25. Mai auch diese „Stadtteilparlamente“. Meist geht es in den Bezirksvertretungen strikt um die Sache, manchmal aber auch politisch hoch her.

Neben der Stimme für den Rat der Stadt hat jeder Bürger am 25. Mai noch eine weitere zu vergeben: die für die jeweilige Bezirksvertretung. Neun davon gibt es in Essen, jedes dieser „Stadtteilparlamente“ hat 19 Mitglieder, und auch die Themen sind ausschließlich solche, die auf der Stadtteilebene von Bedeutung sind.

Damit ist keine Abwertung gemeint, im Gegenteil, nicht selten sind gerade dies die Probleme, die von Bürgern als besonders wichtig empfunden werden. Ob eine Parkbank hier oder dort steht, mag weitgehend egal sein, ob ein Gastronom Tische auf den Bürgersteig stellen darf, ist schon sehr viel konfliktträchtiger, und wenn es um die Umbenennung von Straßen geht, kann es auch in einer Bezirksvertretung plötzlich hochpolitisch und ideologisch zugehen.

Essener können sich im Fragen und Anregungen an Bezirksvertretungen wenden

Die letzteren beiden Themen haben in der nun zu Ende gehenden Ratsperiode besonders die stark politisierte Bezirksvertretung II beschäftigt, zu der Rüttenscheid als wichtigster Stadtteil gehört. Meist aber geht es in den BVen, wie sie kurz genannt werden, sehr viel harmonischer zu. Mehr noch als der Rat, sind die Mitglieder der Bezirksvertretung zudem abhängig von der fachlichen und juristischen Kompetenz und Beratung der Stadtverwaltung, was die Ambitionierten unter den Stadtteilpolitikern schon mal als allzu engen Zügel empfinden. Hinzu kommt die Geldknappheit, die Vieles verhindert, auch vieles Sinnvolle.

Befugnisse der BV sind vielfältig

BV-Themen im Rahmen der Gesetze sind etwa: Denkmalschutz, Ausstattung von Schulen und Parks, Pflege von Straßen und Plätzen, Straßenumbenennungen, Unterstützung von Vereinen und Kulturinititiativen.

Auch die Neubesetzung der Leitungen von Grund-, Haupt- und Förderschulen sind erst einmal Sache der Stadtteilpolitiker.

Für die Bürger sollte die Bezirksvertretung der erste Anlaufpunkt sein. Ob es sich um Ärger über eine zu kurze Grünphase der Fußgängerampel handelt, um das Fällen eines Straßenbaumes oder um ein neues Spielplatzgerät - Bürger können sich jederzeit mit ihren Anregungen und Fragen an die BV wenden und so durchaus Einfluss auf das nehmen, was vor ihrer Haustür passiert. „Wir hören uns die Sorgen der Menschen an und nehmen sie ernst“, beteuert Peter Valerius (CDU), Bezirksbürgermeister der BV I, und spricht dabei sicherlich für alle. Direkter geht repräsentative Demokratie eigentlich nicht.

Manchmal keine Einigung möglich

„Auf jeder Sitzung der Bezirksvertretung gibt es als zweiten Tagesordnungspunkt eine Anwohnerfragestunde“, erklärt Bernhard Kothe, Verwaltungsbeauftragter für die BV II. Da kann jeder Bürger Wünsche oder Beschwerden äußern. Auf spontane Anfragen können die Vertreter allerdings nicht immer sofort reagieren, dafür braucht es Sachkenntnis, die in der Regel die Stadtverwaltung erst beschafft. Besser ist es, sich vorher telefonisch oder schriftlich an einen der Politiker oder an den zuständigen Verwaltungsbeauftragten zu wenden. Der macht daraus eine formelle Drucksache, die in der nächsten Sitzung besprochen wird.

Kommunalwahlen 2014Doch wie gesagt: Manchmal ist auch keine Einigung möglich, wie beim Straßenstreit in Rüttenscheid. Im ersten Bürgerentscheid auf Stadtteilebene in NRW überhaupt haben die Anwohner eine Entscheidung der BV II Anfang 2013 rückgängig gemacht. Eine der Wortführerinnen der Bürgerinitiative bewirbt sich übrigens jetzt selbst um ein BV-Mandat. Der Fall zeigt: Stadtteilpolitik kann - je nach Temperament und Sendungsbewusstsein der Akteure - genau so hart und unversöhnlich sein wie die „große“ Politik. Die Regel ist das aber nicht. Parkbänke eignen sich nicht so fürs Ideologisieren.