Essen. Interview mit dem Essener Europaabgeordneten Jens Geier (SPD) über Europa-Skepsis, sinkende Wahlbeteiligung an der Europawahl, die Essener Chancen 2016 Grüne Hauptstadt Europas zu werden und die EU-Förderung für die alte Montanregion Ruhrgebiet.

Herr Geier, Europa scheint bei der Wahlplakate-Materialschlacht regelrecht unterzugehen. Schreckt die EU die Parteien so sehr ab?
Jens Geier: Überhaupt nicht, denn so intensiv ist in Essen noch nie für eine Europawahl plakatiert worden. Aber dass die Kommunalwahl lokale Parteiorganisationen stärker motiviert, liegt in der Natur der Sache.

Das Interesse der Essener an der Europawahl ist stetig geschwunden. Geht’s noch weiter runter?
Geier: Dieses Mal wird die Wahlbeteiligung deutlich besser sein, auch dank der Kommunalwahl. Hinzu kommt: Die Personalisierung des Europawahlkampfes erhöht die Aufmerksamkeit. Der Wähler kann entscheiden, wer Europa führen soll: ein Sozialdemokrat wie Schulz oder ein Christdemokrat wie Juncker, der in den letzten 20 Jahren Premier einer Steueroase war.

Bundes- und Landespolitiker betonen stets, dass gute Nachrichten aus Berlin, die schlechten aber aus Brüssel kommen. Stört Sie das?
Geier: Da, wo die EU verantwortlich ist, fallen die Entscheidungen tatsächlich in Brüssel. Für deutsche Medien ist Politik häufig aber erst dann berichtenswert, wenn sie in Berlin angekommen ist. So kommt man schwer auf einen grünen Zweig.

Sie sind seit 2009 EU-Abgeordneter, was haben Sie erreicht, worauf sind Sie stolz?
Geier:
Darauf, dass das Parlament die Finanztransaktionssteuer durchgesetzt hat. Diejenigen, die an Wertpapiergeschäften verdienen und uns 2007 die Finanzkrise eingebrockt haben, dürfen sich jetzt durch Steuerzahlen an den Kosten der Krise beteiligen. Ich habe mein Versprechen von 2009 eingehalten und mit dafür gesorgt, dass NRW Fördergelder bis 2020 bekommt.

Zur Person

Jens Geier, Jahrgang 1961, verheiratet, ein Sohn, ist in Essen aufgewachsen und mit 16 in die SPD eingetreten.

Nach zwei vergeblichen Anläufen 1999 und 2004 schaffte schaffte er 2009 den Sprung ins Europäische Parlament.

Geier kandidiert bei der Europawahl am 25. Mai erneut. Mit Listenplatz 7 ist ihm ein Mandat sicher.

In Essen ist er Mitglied von Arbeiterwohlfahrt, Verdi, Europa-Union und dem Verein der Freunde und Förderer der Stiftung Zollverein.

Sie vertreten in Brüssel einen riesigen Wahlkreis, der bis an die holländische Grenze reicht. Klappt da noch Volksvertretung?
Geier: Nun, ich bin nicht der Kommunalpolitiker, den man morgens beim Bäcker ansprechen kann. Denn das EU-Parlament hat fast 40 Sitzungswochen im Jahr. Aber wer etwas von mir will, der erreicht mich. Das gilt für den einfachen Bürger, der eine EU-Richtlinie nicht versteht, aber auch für Unternehmen. Immer mehr Menschen kommen übrigens nach Brüssel, das von Essen schneller erreichbar ist als Berlin.

Spüren Sie hin und wieder auch Europafreundlichkeit?
Geier: Das ist ja jetzt mein vierter Europawahlkampf und ich muss sagen: das ist mein leichtester. Warum? Ich habe den Eindruck, dass die Ukraine-Krise voll durchschlägt und die Menschen hier die angenehme Gewissheit spüren, in der EU von Freunden und Verbündeten umgeben zu sein. Die Bürger spüren auch, dass Europa Essen gut tut. Nehmen Sie den Emscher-Umbau. Die Emscher-Genossenschaft tut das ja nicht aus Langeweile, sondern weil die EU-Wasserschutzrichtlinie sie dazu zwingt. Unsere Stadt wird dadurch noch attraktiver, weil auch der Norden bald an einem Fluss liegt, der sich durch eine Auenlandschaft schlängelt.

Europa in Essen von A bis Z

A wie Altendorf

Der Stadtteil kämpft mit zahlreichen Problemen wie Drogenhandel, hoher Jugendarbeitslosigkeit und zunehmender Verelendung. Im Rahmen des EU-Förderprogramms „Soziale Stadt“ flossen acht Millionen Euro von Brüssel in den Stadtteil. Eines der EU-Projekte ist der Krupp-Park mit Teich und Bühne.

B wie Bildungs-Scheck

Jährlich erhalten Hunderte Essener diese Möglichkeit zur beruflichen Weiterbildung. Das Land übernimmt die Hälfte (höchstens 2000 Euro pro Scheck) der Kosten. Die Mittel stellt der Europäische Sozialfonds bereit. Die VHS Essen ist Beratungsstelle für den Bildungsscheck. Das Angebot richtet sich u.a. an Unternehmer, Existenzgründer und Berufsrückkehrer. E-Mail an: weiterbildungsberatung@vhs.essen.de

C wie Creative Spin

Creative Spin nennt sich ein ehrgeiziges EU-Projekt, das in der nördlichen City mithilft, ein Kreativquartier zu entwickeln. Unperfekthaus und Generationenkult-Haus, Kreuzeskirche und immer mehr Ateliers sind die Visitenkarten des Kreativquartiers. „Man kann in Essen spüren, dass Europa in diesem Viertel lebendig ist“, sagt Alfons Wafner vom Kulturbüro. Neben Essen erarbeiten zehn weitere europäische Städte einen Aktionsplan zur Schaffung von Kreativquartieren.

D wie Drei Schleier der Europa

Das trinationale Tanzprojekt (deutsch-französisch-polnisch) wurde in den Jahren 2008 bis 2010 von Brüssel mit 125 000 Euro gefördert. Es unterstreicht die Ausnahmestellung des Werdener Gymnasiums. Es ist das einzige in Deutschland, das über eine eigene Tanzabteilung verfügt und Tanzen als Abiturfach anbietet Durch das Projekt sind Essener Tanzschüler ins Ausland gekommen, einige haben dort sogar eine dauerhafte Beschäftigung gefunden.

E wie Emscher-Renaturierung

Die Umwandlung des müffelnden Abwasserkanals in einen sauberen Fluss - das sucht in Europa seinesgleichen. Dank der EU-Wasserrichtlinie erhält die brutal begradigte Emscher ihr altes Bett zurück. Mehr noch: Der milliardenteure Masterplan von 2006 sieht vor, dass die Abwässer in unterirdischen Röhren verschwinden. Die Emschergenossenschaft in Essen erhielt aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung bislang 38 Mio Euro.

F wie Forschung

Die EU-Forschungsförderung wird auch für Wissenschaftler der Uni Duisburg-Essen immer wichtiger, betont EU-Referent Jörn Möltgen. Von 2007 bis 2013 habe die UDE 32,8 Millionen Euro aus dem 7. EU-Forschungsrahmenprogramm erhalten. Das Team des „Science Support Center“ navigiert die Wissenschaftler durch das Dickicht des EU-Förder-Dschungels.

G wie Grüne Hauptstadt Europas 2016

Schon im ersten Anlauf das Finale erreicht zu haben, ist für Essen eine Sensation. Weitere Bewerber: Oslo, Umea, Nijmegen und Ljubljana. Die Essener Trümpfe: Die Ruhrmetropole macht beispielhaft vor, wie alte Industrie-Areale, Zechenbahnen und Wasserstraßen in grüne Oasen und Freizeitparadiese verwandelt werden.

H wie Hauptschule am Stoppenberg

Sie ist seit dem 11. März 2011 eine von zwölf Europaschulen in Essen. Damit hat Essen die meisten zertifizierten Europaschulen in Nordrhein-Westfalen – von der Grundschule bis zum Europakolleg. Europaschule – das bedeutet in der Regel: mehr EU auf dem Stundenplan, Schulpartnerschaften, individuelle Auslandsaufenthalte und ein besonderes Fremdsprachenprofil.

I wie Informationen über Europa

Das „Europe Direct Center“ in der VHS am Burgplatz versorgt interessierte Bürger mit Broschüren, außerdem gibt’s regelmäßig Veranstaltungen. Sehenswert: die Internet-Präsentation europa.essen.de. Lohnenswert: der Newsletter zum Abonnieren. Zuschuss aus Brüssel: 25 000 Euro. Unser Bild zeigt die Europabeauftragte der Stadt Petra Thetard, die das Europe Direct leitet.

J wie Jobcenter

Heike Ufermann wirbt bei jungen Zuwanderern für die von der EU geförderten Sprachkurse. „Ohne die Unterstützung aus Brüssel hätten wir keine Möglichkeit, solch ein Projekt auf die Beine zu stellen“, sagt sie in einem Videoclip. Die Integration von Migranten, in den Arbeitsmarkt funktioniere besser, wenn sie Deutsch sprechen.

K wie Kulturhauptstadt Europas

Das Spektakel – hier das „Stillleben A40“ – liegt schon vier Jahre zurück, aber die Anziehungskraft auf Touristen hat sich als nachhaltig erwiesen. 2013 hatte Essen 1,4 Millionen Übernachtungsgäste. Für den spürbaren Zuwachs sorgten in erster Linie ausländische Essen-Besucher.

L wie Lernkumpane

So nennen sich Teilnehmer der VHS-Schulabschlusskurse, die jährlich mehr als 400 Essener mit Erfolg absolvieren. Fachbereichsleiterin Heike Hurlin freut sich über die EU-Förderung: „Andernfalls wären diese jungen Erwachsenen auf die Sozialsysteme angewiesen.“

M wie Margarethenhöhe

Die denkmalgeschützte Gartenstadt, 1909 errichtet und nach Margarethe Krupp benannt, gilt als Musterbeispiel für menschenfreundlichen Siedlungsbau. Um nun die „energetische Ertüchtigung“ voranzubringen, sind EU-Mittel für die erforderliche Studie beantragt worden.

N wie Niederfeldsee

Diese Ecke im Stadtteil Altendorf mit einstmals spartanischem Wohnungsbau, geschwärzten Fassaden und hohem Bahndamm zählte nicht gerade zu den besten Adressen der Stadt. Heute hat sich das Bild völlig gewandelt. Uferviertel nennt sich das runderneuerte Vorzeigequartier mit dem L-förmigen Niederfeldsee, schicken Appartementhäusern mit Penthouse-Wohnungen und einem Radweg, der am Krupp-Park vorbei bis ins Uni-Viertel führt. EU-Förderung: 1,7 Millionen Euro.

O wie Obst für Schulen

16 Essener Schulen nehmen an EU-Schulobstprogramm teil. Schulkinder lernen auf diese Weise, sich gesund zu ernähren. Fünf mal am Tag sollte man Obst und Gemüse essen.

P wie Parkautobahn

Dieses außergewöhnliche Projekt des Kulturhauptstadtjahres 2010 hat den Strukturwandel im Ruhrgebiet für Autofahrer er-fahr-bar gemacht. Über die A42 können Leuchttürme der Industriekultur, darunter die Zeche Zollverein, Tetraeder Bottrop, Gasometer Oberhausen und Zeche Nordstern bequem erreicht werden. Wo sich einst die Förderräder der Zechen drehten und Schlote rauchten, bewegen sich die Besucher heute in einer einzigartigen Parklandschaft. Das innovative Projekt „Parkautobahn“, gefördert mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, hat auch bei der Fachwelt einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Q wie Quartiersmanagement

Die EU fördert benachteiligte Stadtteile wie Altendorf. Das Quartiersmanagement sorgt dafür, dass möglichst viele Menschen, Vereine, Kaufleute und Organisationen im Stadtteil mitreden, wenn sich vor ihrer Haustür etwas ändern soll. Im Stadtteil hat die Verwaltung eigens dafür ein „Stadtumbau-Büro“ eingerichtet. Es befindet sich im „Blickpunkt 101“ auf der Haus-Berge-Straße 101. Weitere Büros existieren in Altendorf und Katernberg. Ein neues ist geplant in Altenessen-Süd/Nordviertel. Möglicherweise fließen auch dorthin demnächst Fördermittel aus dem EU-Strukturfonds. „Dieses Brüsseler Geld macht solche nachhaltigen Stadt- und Quartiersentwicklungen erst möglich“, sagt Stefan Schwarz, Leiter des Amtes für Stadterneuerung.

R wie Rheinische Bahn

Einst schoben laute Güterzüge ihre schwere Fracht über die Trasse der Rheinischen Bahn. Künftig wird sie von Radfahrern als „Autobahn“ genutzt. Die ersten fünf Kilometer in Essen sind bereits befahrbar. Beeindruckend: die rote Brücke über der Helenenstraße. EU-Fördermittel für die „Rheinische Bahn“ gingen an den Regionalverband Ruhr.

S wie Seminare

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat die Stadt Essen 2013 als europaaktive Kommune mit dem „Sonderpreis für besonders gute europäische Bildungsarbeit“ ausgezeichnet. Als EU-Bildungsstandort bietet das Europabüro zwölf verschiedene Seminare rund um das Thema EU an. Was so unspektakulär klingt, ist für viele Teilnehmer eine riesengroße Hilfe. Denn um in den Genuss von EU-Fördermitteln zu gelangen, müssen die Rathäuser meistens selbst aktiv werden. Weil aber meistens schon das Basiswissen fehlt, um einen Antrag korrekt auszufüllen, füllen die modulhaft konzipierten Essener EU-Seminare eine wichtige Marktlücke: essen.de/eu-seminare

T wie Tampere

Mit der finnischen Partnerstadt Tampere sollen bald gemeinsam EU-Förderprojekte angegangen werden. Da Essen seit 2013 Mitglied im europäischen Netzwerk „Eurocities“ ist, wird diese Entwicklung noch beschleunigt. Dies gilt auch für die anderen Partnerstädte Grenoble (Frankreich) und Sunderland (Großbritannien). „Eurocities“ ist ein Netzwerk größerer Städte, das hauptsächlich dem Informationsaustausch dienen und kommunale Interessen gegenüber der EU durchsetzen will.

U wie Uni-Klinik

Die Medizinische Fakultät wurde von 2007-13 mit 5,88 Mio Euro für 15 Projekte gefördert, wie etwa „Neobrain“. Die Essener Wissenschaftler erforschen, wie eine gestörte Gehirnentwicklung bei zu früher Geburt frühzeitig erkannt werden kann. Ein weiteres Beispiel: das EU-Netzwerk zur Krebsforschung für Kinder und Jugendliche.

V wie Volkshochschule

Die VHS ist sehr aktiv in Sachen Europa. Zur Europawahl gab’s bereits einen Workshop und einen Bürgerdialog. 2013 veranstaltete die VHS ein zweitägiges Seminar mit namhaften Wissenschaftlern zur „Finanzkrise“. Standard ist die Reihe „Aus der Ferne – aus der Nähe“, in der die europäischen Nachbarn vorgestellt werden. Exzellent vernetzt in europäischen „Second Chance“-Projekten ist der Fachbereich Schulische Weiterbildung. Daher will Essen die erste deutsche Europa-VHS werden.

W wie Wählen

460 000 Essener sind am 25. Mai aufgerufen, das neue Europaparlament zu wählen. Obwohl Europa viel Gutes tut für Essen, ist die Wahlbeteiligung stetig gesunken. 2009 (Bild) gaben nur noch 38,1 Prozent ihre Stimme ab. Diesmal könnte die Wahlbeteiligung etwas höher liegen, weil am selben Tag auch Kommunalwahl ist.

Y wie Youth in Action

Das internationale Jugendtreffen der Essener Partnerstädte (Nishnij Nowgorod, Grenoble, Tampere, Tel Aviv) stand im letzten Sommer unter dem Motto „Original? In my own shoes!“. In Workshops im Emil-Frick-Haus wurden eine Ausstellung und eine Performance erarbeitet. Wie auch in den Jahren davor förderte die EU dieses Treffen. Die Teilnehmer sollen Berührungsängste abbauen und die kulturelle Vielfalt Europas schätzen lernen.

X wie Xenos - Integration und Vielfalt

Xenos ist das Bundesprogramm, mit dem das Projekt „POP Altendorf“ gefördert wird. Die zweite Fördersäule ist der Europäische Sozialfonds. Das Ladenlokal Altendorfer Straße 239-245 ist Anlaufstelle für Jugendliche, die als benachteiligt gelten und/oder schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind. 77 meistens junge Menschen aus Einwandererfamilie haben die Streetworker von „POP Altendorf“ schon von der Straße geholt. Ihr Ziel ist, Vertrauen zu den Jugendlichen aufzubauen und ihnen dauerhaft eine sinnvolle Beschäftigung anzubieten.

Z wie Zollverein

Die schönste Zeche der Welt ist heute Weltkulturerbe. Was der Eiffelturm für Paris ist der markante Doppelbock-Förderturm am Schacht XII für Essen: das Wahrzeichen der strukturgewandelten Stadt. Die Kohlenwäsche beherbergt das Ruhrmuseum, die Kokerei mit den schlanken Schornsteinen dient zurzeit als Ort für die 1914-Weltkriegsausstellung. Keine Einrichtung in Essen hat so sehr von der EU profitiert wie Zollverein. Brüssel gab insgesamt 87 Millionen Euro.

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Wird Essen grüne Hauptstadt 2016?
Geier: Die Chancen sind sehr gut. Unser großer Vorteil: Essen hat in Europa eine Vorbildfunktion, weil wir eine Landschaft aus Schloten und Schornsteinen in eine lebenswerte, gesunde Stadt verwandelt haben.

Braucht Essen, die alte Montanstadt, mehr EU-Förderung?
Geier: Was wir dringend brauchen, sind gute Ideen. Dann gibt’s auch die nötigen EU-Fördermittel. Früher wurde territorial gefördert. Das führte mitunter zu der absurden Situation, dass ein Projekt auf der einen Straßenseite gefördert wurde, aber auf der anderen nicht.

Was nehmen Sie sich im EU-Parlament bis 2019 vor?
Geier: Ich möchte unbedingt dem Industrieausschuss angehören. Da spielt die Musik in den nächsten fünf Jahren. Industrielle Arbeitsplätze erhalten und den Klimaschutz voranbringen - das betrifft Essener Unternehmen wie Trimet, Thyssen-Krupp und RWE.
Die EU verhandelt mit den USA ein Freihandelsabkommen. Viele sind verunsichert.
Geier: Für Chlor-Hähnchen werde ich im Parlament nicht die Hand heben. Die hohen EU-Standards im Umwelt-, Verbraucher- und Lebensmittelschutz dürfen keinesfalls untergraben werden. Das ist meine rote Linie.

In den Nachbarländern sind Rechtspopulisten und EU-Skeptiker auf dem Vormarsch. Ist Deutschland die Insel der Glückseligen?

DemokratieGeier: In den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien hat die EU-Skepsis, die von fremdenfeindlicher und chauvinistischer Programmatik getragen wird. ganz klar innenpolitische Ursachen. In Deutschland gibt es keine Partei, die das bündelt. Aber die AfD unterscheidet sich auf manchen Plakaten nicht mehr von der NPD.

In diesem Jahr jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal. Wird die EU überhaupt noch als Friedensprojekt wahrgenommen?

Geier: Man kann sich der Wirkung der riesigen Soldatenfriedhöfe mit Zigtausenden weißen Kreuzen nicht entziehen. Auf ihnen liegen Gefallene aus Ländern, in denen man heute studiert, arbeitet und seinen Urlaub verbringt. Das Beispiel Ukraine zeigt aber, dass wir gegen nationalistische Aufwallungen nicht immun sind. Joschka Fischer hat Recht: Wenn wir die EU-Institutionen vernachlässigen, droht Europa zu zerbröseln.