Essen. Die Jungen Sozialdemokraten haben vor einem Essener Gymnasium für die SPD geworben – eine Genehmigung für die Wahlkampfaktion hatten sie nicht. Auch der Schulleiter wurde vorher nicht über den Wahlkampf vor der Schule informiert. Die Jusos ernten jetzt Kritik von den Schülern und ihrem Direktor.
Wahlkampf ohne Genehmigung haben die Jungen Sozialdemokraten (Jusos) am frühen Mittwochmorgen vor dem Maria-Wächtler-Gymnasium an der Rosastraße in Essen geführt: Vertreter der SPD und der Jusos machten um 7.30 Uhr vor dem Maria-Wächtler-Gymnasium Werbung für ihre Partei – mit Frühstückstüten und Werbegeschenken. Und das äußerst offensiv. „Man musste an den SPD-Vertretern vorbeigehen, um in die Schule zu kommen“, berichtet die 16-jährige Schülerin Johanna Schläfke. Man habe versucht, ihr ein „Infopaket zur Kommunalwahl“ in die Hand zu drücken.
Ein weiterer Schüler erzählt: „Mich haben sie gefragt, ob ich einen Apfel haben möchte.“ Wer das Paket der SPD annahm, erhielt neben dem Apfel einen kleinen Block, einen SPD-Kugelschreiber und SPD-Sticker. Werbegeschenke zur Europawahl waren ebenfalls enthalten, obwohl bei der Europawahl das Mindestalter bei 18 Jahren liegt.
"Schüler sind mündige Bürger"
Fakt ist, dass der Wahlkampf vor dem Schulgelände nicht mit Genehmigung erfolgt ist. „Solange die Vertreter das Schulgelände nicht betreten, ist ein solcher Wahlkampf zwar erlaubt, aber genehmigungspflichtig“, erklärt Stadtsprecherin Nicole Mause. Einen Antrag für diese Aktion habe die SPD allerdings nicht eingereicht, so dass sie naturgemäß nicht genehmigt war.
Tobias Peters, der SPD-Ratskandidat für Rüttenscheid-Süd, sieht in der Aktion in unmittelbarer Nähe zur Schule kein Problem: „Die Schüler sind mündige Bürger und letztlich auch Wähler. Wir können nicht verhindern, dass Einzelne sich durch den Wahlkampf belästigt fühlen.“ Organisiert wurde die umstrittene Aktion vor der Schule von den Jusos. Deren Vorsitzender Alexander Nolte war davon ausgegangen, dass nur Wahlstände genehmigungspflichtig seien. Zu der Wahlkampfpraxis selber wollte er sich nicht äußern. „Solche Wahlkämpfe organisieren die Jusos häufiger“, berichtet er.
Schulleiter war nicht über den Wahlkampf informiert
Thomas Kufen, Spitzenkandidat der CDU bei der Kommunalwahl, möchte zu dieser Wahlkampfpraxis keinen Kommentar abgeben: „Welche Methoden die Parteien nutzen, ist ihre Sache.“ Die CDU organisiere allerdings keine Wahlkampfveranstaltungen vor Schulen. „Die Junge Union ist jedoch manchmal auch vor den Schulen vertreten“, sagt Kufen.
Elmar Prinz, Schulleiter des Maria-Wächtler-Gymnasiums, hat ein „differenziertes Verhältnis“ zum SPD-Wahlkampf vor dem Schulgelände, über den er ebenso wenig informiert war wie die Stadt. „Da werden Heranwachsende völlig unvorbereitet angesprochen. Ich denke, dass es bessere Mittel gibt, um Jugendliche für die Kommunal- und Europawahl zu begeistern, als ihnen einen Kugelschreiber in die Hand zu drücken. So etwas verpufft. Diese Aktion war insgesamt nicht so glücklich.“ Kommunalwahlen 2014
Die Schule selbst hatte vor einigen Wochen einen Europatag organisiert, bei dem auch der SPD-Europa-Abgeordnete Jens Geier zu Gast war. „Die Schüler hatten Fragen vorbereitet und sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Auf diesem Weg ist der Kontakt zu Politikern natürlich wünschenswert“, so Prinz.