Essen. Die Vorbereitungen für die Erste-Weltkrieg-Schau „1914“ auf der Zeche Zollverein laufen auf Hochtouren. In der Mischanlage der Kokerei kommen die ersten Schwertransporte an. Und alte Krieger-Denkmäler lernen das Fliegen

Ein Weltkrieg wird neu besichtigt: Jahrzehnte lang war das Krieger-Denkmal zu Ehren der „im Weltkriege 1914-1918 gebliebenen Helden des 4. Magdeburgischen Infanterie-Regiments Nr. 67“ aus dem Bochumer Stadtpark in den Kellern des Stadtarchivs verschwunden – 1983 von Unbekannten abgesägt, umgestürzt und fast vergessen. Seit gestern sind die bronzenen Soldaten wieder auf Ausstellungs-Posten. Das Denkmal ist eines von rund 2500 Exponaten, mit denen das Ruhr Museum ab dem 30. April die bundesweit größte Schau zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs bestückt.

„1914 – Mitten in Europa“ ist eine Mammutaufgabe und ein Gemeinschaftswerk des Ruhr Museum in Kooperation zusammen mit dem LVR-Industriemuseum Oberhausen. In Oberhausen werden derzeit etwa 2000 Ausstellungsstücke restauriert, poliert und ausstellungsfein gemacht. Auf der Zeche Zollverein hat derweil die Schwerarbeit begonnen. Mit der tonnenschweren Feldhaubitze M1913 und dem „Eisernen Reinoldus“ aus Dortmund warteten gestern die ersten Großexponate auf ihren Kran-Transport in die monumentalen Ausstellungsräume der Mischanlage auf der Kokerei Zollverein.

Tod, Elend, Zerstörung

Gewaltige Gewichte, gewaltige Logistik: Eine halbe Million Euro sind in die Ausstellungsvorbereitungen geflossen, rund 100 Helfer sind derzeit damit beschäftigt, dieses schwere Stück deutscher Geschichte als Publikumsschau aufzubereiten, in der man nicht nur vom Entstehen und Nachwirken des Ersten Weltkrieges erfährt, sondern auch von den Utopien und Enttäuschungen der damaligen Gesellschaft, von der Janusköpfigkeit einer Zeit, die einen unglaublichen Modernitätsschub und kurz darauf eine nie dagewesene Zerstörung erlebte.

„Wir gehen nicht so sehr in die Schlachtfelder“, sagt Walter Hauser vom LVR. Und trotz dem wird der Krieg jederzeit präsent sein, erklärt Ruhr Museums-Chef Theo Grütter: Als mediales Bilder-Erinnern in den gewaltigen Trichtern der Mischanlage. Fotografie und Propaganda sind schließlich auch Kinder der Zeit.

Feldhaubitze und Elektroauto

Die Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“ ist vom 30. April bis 26. Oktober in der Mischanlage der Kokerei Zollverein zu sehen.

Die rund 2500 Exponate kommen von 200 regionalen und internationalen Leihgebern, darunter ist ein früher Vorläufer des Elektroautos, der „Runabout“ von 1903.

1999 waren die Räume mit der Schau „Sonne, Mond und Sterne“ bereits Publikumsmagnet. Über 300.000 Gäste kamen. Architekt Jürg Steiner, der damals schon für den Umbau der Mischanlage verantwortlich zeichnete, führt wieder Regie. 500.000 Euro wurden in die gläserne Ausstellungs-Architektur gesteckt, per Standseilbahn geht es auch diesmal hinauf auf die Kopfstation, von wo aus sich das Ausstellungskonzept auf drei Ebenen erstreckt, die drei Zeitebenen markieren: von den Vorkriegsjahren ab 1890, die eine Region im Aufbruch abbilden, das industrielle Zentrum im Deutschen Kaiserreich und Rüstungsschmiede, bis hin zur Weimarer Republik, wo Arbeitslosigkeit, soziale Verelendung und politische Unruhen herrschen. Der Krieg findet im Mittelteil statt: Tod, Elend, Zerstörung. Und jede Menge Waffenschrott, der demnächst aus Verdun angeliefert wird. 90 Prozent der dort abgeschossenen Granaten wurden bei Krupp in Essen und Rheinmetall in Duisburg gedreht. Sie kommen 100 Jahre später gewissermaßen zurück nach Hause.