Essen. Für die Händler in der Essener Innenstadt werden die Bergschäden zunehmend ein finanzielles Problem. Während man an den Umsteigebahnhöfen jubelt, verzeichnet der Einzelhandel in Essen teils herbe Einbußen. Unternehmer diskutieren verschiedene Maßnahmen, damit das Weihnachtsgeschäft nicht leidet.

Die Bergschäden am Hauptbahnhof scheinen dem Einzelhandel das so wichtige Weihnachtsgeschäfts zu vermiesen. „Wir sind alarmiert“, betont Marc André Heistermann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverband Ruhr. Von bis zu 40 Prozent weniger Umsatz berichten Filialmitarbeiter aus den Bahnhofsgeschäften. Ein Blumenladen im sonst stark frequentierten Erdgeschoss hat daraufhin bereits das Warenangebot halbiert. „Wir haben momentan nur etwa zwei Drittel unserer sonst üblichen Kunden.

Geblieben ist uns größtenteils unsere Stammkundschaft, die meistens nicht wegen der Bahn hierher kommt“, berichtet Floristin Tanja Josephowitz. Vielen Geschäften fehlt schlicht die Laufkundschaft, doch wegen der Verspätungen und Umleitungen seien die Reisenden nach Meinung von Josephowitz mit andere Dingen als mit Einkäufen beschäftigt. „Auch wenn ich allen immer sage, dass die Blumen bei den aktuellen Temperaturen drei Stunden ohne Wasser auskommen, haben viele die Sorge, nicht rechtzeitig an ihrem Zielort zu sein und kaufen deshalb lieber gar nichts“, erzählt die Floristin weiter.

Händler sind beunruhigt

Der Einzelhandelsverband beriet am Montagabend bereits über mögliche Gegenmaßnahmen. „Die Verluste sind nicht nur am Bahnhof ,sondern auch in der Innenstadt zu spüren. Das Weihnachtsgeschäft fängt jetzt gerade an, einige Händler machen 40 Prozent ihres Jahresumsatzes in den Monaten November und Dezember“, sagt Heistermann.

Die wegbrechenden Kunden sind seiner Ansicht nach hauptsächlich ein psychologisches Problem, da bei einem Teil der Bevölkerung offensichtlich die Ansicht vorherrsche, Essen sei mit dem Zug nicht erreichbar. Seit bekannt wurde, dass sich die Arbeiten am „Problemstollen“ noch mindestens bis Ende des Jahres hinziehen werden, sind deshalb viele Händler beunruhigt.

Weihnachtsmarkt- Bilanz zeigt kaum Veränderung

„Die Einbußen liegen stadtweit im niedrigen zweistelligen Bereich“, so der Verbandssprecher. Das spontane Treffen der Großhändler aus der City macht deutlich, wie ernst es den Unternehmern ist. Sollten die Verluste anhalten, will man nun in die Offensive gehen. „Wir werden das kommende Wochenende abwarten. Die Weihnachtsmarkt-Bilanz aus dem letzten Wochenende zeigt keine merklichen Veränderungen zum Vorjahreszeitraum.

Diskutiert werden momentan drei Maßnahmen“, sagt Ina Will, Sprecherin der Essen Marketing GmbH. Zum einen wäre dies Radiowerbung in den umliegenden Städten. Zweitens großflächige Plakate an den Umsteigebahnhöfen des Fernverkehrs und drittens ein Shuttle-Service zwischen Messe-Parkplatz und Innenstadt. Will: „Die Überlegungen stehen unter Vorbehalt, aber denkbar wäre eine Nutzung der Messe-Parkplätze 1 und 2 und ein entsprechendes Fahrplan-Angebot durch die Evag.“

Deutsche Bahn sieht keine Gefahr

Die Deutsche Bahn selbst sieht das Weihnachtsgeschäft nicht in Gefahr. Was an Fernverkehrsreisenden fehle, werde durch zusätzliche Nahverkehrsgäste wieder kompensiert“, erklärt ein Bahnsprecher. „Wir haben bislang keine Beschwerden seitens der Mieter aus dem Hauptbahnhof“, berichtet der Sprecher weiter. Grundsätzlich hat die Bahn mit allen Mietern zweiteilige Verträge. Ein Teil beinhalte die Grundmiete, der andere Teil eine Umsatzkomponente, so dass bei sinkenden Einnahmen auch weniger Miete abgeführt werden muss.

Dirk Turon vom Kosmetik-Geschäft „Lush“ tröstet das wenig. Der Verkäufer spricht von „riesigen Umsatzeinbußen“ und einem Personalüberhang. „Wegen des bevorstehenden Weihnachtsgeschäfts haben wir mehrere Mitarbeiter zu Vollzeitkräften hochgestuft. Unter anderem auch, weil seitens des Bahnhofs geplant war, die Treppe gegenüber der großen Anzeigetafel zu sperren, wodurch man die Kunden an den Geschäften vorbei geleitet hätte.“ Turon ist von der Bahnhofsleitung enttäuscht: „Man hat uns gar nichts gesagt. Von den Umleitungen habe ich aus der Presse erfahren.“