Essen. Star-Choreograf William Forsythe sorgt für positive Schwingung im Museum Folkwang. Seine choreografierte Pendel-Installation „Nowhere and Everywhere“ fordert die Besucher zum Mitmachen auf. Das Ergebnis ist spielerisches Körperballett.

Helga tanzt mit den Pendeln Chacha. Nadja durchschlängelt den Parcours beiläufig wie ein Fliegengittervorhang. Stefan konzentriert sich auf jeden Schritt, sorgsam bedacht, keine Kunst-Kollision zu erzeugen. Es gibt viele Arten, der Arbeit „Nowhere and Everywhere“ im Museum Folkwang zu begegnen, die seit Samstag zum andächtigen Staunen, stillen Beobachten, aber vor allem zum vergnüglichen Selbstversuch einlädt.

Die 304 von Star-Choreograph William Forsythe aufgehängten Pendel sind eine Einladung, den Raum einmal ganz anders zu durchqueren. Tänzerisch, konzentriert und bedacht, im Rhythmus der Forsythe’schen Pendel mitzuschwingen.

Erstmals hat das Folkwang seine große Halle dafür komplett frei geräumt und den erhabenen Chipperfield-Saal zu einem höchst animierenden und sensibilisierenden Mitmach-Aktionsraum für die sonst tunlichst auf Abstand gehaltenen Besucher-Körper gemacht.

"Spielerisch und gleichzeitig so ausgeklügelt"

Zwei der Körper gehören am Eröffnungstag Ulla Gnoyke und Artur Tumasjan, die wie viele fasziniert von dieser Triennale-Arbeit sind. „So spielerisch und gleichzeitig so ausgeklügelt.“ Auch Anette Dörner ist begeistert von der positiven Forsythe-Schwingung. „Genau das, was ich brauche in einer unruhigen Welt: geordnete Unruhe.“

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Alle schauen aufmerksam zur Decke, wo an 16 Aufhängungen jeweils 17 bis 20 unterschiedlich lange Pendel pro Rahmen hängen. Mit einem leisen „pffff“ werden sie von einem Luftdruck-Gerät in Schwingung gesetzt. Je nach pneumatischen Schub bewegen sich die Pendel dabei unterschiedlich stark. Wer den Parcours betritt, wird automatisch Teil der ausgeklügelten Choreografie, die doch keine Ideallinie kennt.

Programmiertes Chaos

„Das Chaos haben wir mit einprogrammiert“, lacht William Forsythe, der trotz Knieverletzung nach Essen gekommen ist, um seine Arbeit vorzustellen. In London hat er seine Pendel-Choreografie schon mit Tänzern inszeniert, nun darf das Publikum ran. Dass der erste Nylonfaden schon kurz vor der Eröffnung von Künstler-Kollegen Douglas Gordon abgerissen wurde, konnte den gefeierten Ballett-Erneuerer nicht schrecken. „Wir nennen das mal den Douglas-Effekt.“

Max Schubert, technischer Leiter der Forsythe-Company, ist von der Haltbarkeit der ausgeklügelten Installation überzeugt. „Die Arbeit könnte auch 24 Stunden am Stück laufen“. Für Karin Sigmund war der Ausflug ins Museum Folkwang kurz nach der Rückkehr aus Kalifornien jedenfalls eine willkommene Entspannungs-Verlängerung. „Diese Arbeit erinnert mich an eine Achtsamkeits-Meditation.“ Ferien-Flair empfand auch ihre Nachbarin: „Man hat fast das Gefühl, an der See zu sitzen.“