Essen. . Das Kulturhauptstadtjahr hat für Essen nachhaltige Effekte: Die Übernachtungszahlen lagen 2012 höher als im Jahr 2010, das Ruhrmuseum erwartet im Oktober den einmillionsten Besucher - und Zollverein ist fast so bekannt wie der Kölner Dom.
Im dritten Sommer nach dem Kulturhauptstadtjahr hat sich Essen als Reiseziel etabliert. Die Besucherrekorde von 2010 lassen sich nicht wiederholen, doch der nachhaltige Effekt ist spürbar. „Der Hype ist vorbei, das Haus ist weiter voll“, sagt etwa der Direktor des Ruhrmuseums Theo Grütter. Das 2010 in der Kohlenwäsche auf Zollverein eröffnete Museum werde wohl in diesem Oktober den einmillionsten Besucher begrüßen können.
Jahrzehntelang führte das frühere Ruhrlandmuseum ein Schattendasein an der Seite des Museums Folkwang – nach dem Umzug in den Norden der Stadt hat sich die Besucherzahl verfünffacht: „Wir haben uns vom Heimatmuseum in einen touristischen Ort verwandelt“, sagt Grütter. Das gehe mit einem völlig veränderten Besucherverhalten einher: „Während früher im Sommer tote Hose war, sind das nun die besucherträchtigsten Monate.“ Neben den Essener Schulklassen kommen nun Touristen aus aller Welt; die Audio-Führungen auf Englisch, Französisch, Spanisch und Niederländisch werden gut nachgefragt.
"Wir profitieren von Zollverein"
Grütter weiß, dass dieser Erfolg nicht allein der Attraktivität des Museums geschuldet ist: „Wir profitieren von Zollverein“. Und Zollverein profitierte von der Hauptrolle, die ihm die Kulturhauptstadt-Macher zugedacht hatten. Als Schauplatz der Eröffnungsfeier, als Besucherzentrum, Veranstaltungsort, Markenzeichen. Millionenfach wurde der Doppelbock fotografiert, vervielfältigt, auf Tassen und T-Shirts gedruckt. „Zollverein ist heute mit jährlich 1,5 Millionen Besuchern an zweiter Stelle bei den Kulturausflugszielen in Nordrhein-Westfalen, – nach dem Kölner Dom“, sagt die Sprecherin der Stiftung Zollverein, Delia Bösch. Beliebt ist das Weltkulturerbe auch als spektakuläre Kulisse für Veranstaltungen aller Art, 700 Events finden hier jährlich statt.
Dass auswärtige Besucher auf Industriekultur fliegen, weiß auch Heinrich Huke von der Alten Lohnhalle in Kray. Im Kulturhauptstadtjahr war das 17-Zimmer-Hotel in Medien von der Brigitte bis zur Neuen Züricher Zeitung abgebildet. Seither checken in Kray nicht nur Geschäftsreisende aus der Schweiz oder Radtouristen aus Belgien ein, „sondern wir haben Firmen-Meetings mit Indern und Australiern“.
Dass sich fremdsprachige Besuchermassen über die Stadt ergießen wie bei der Star Wars Convention Ende Juli, werde Ausnahme bleiben, glaubt Ina Will von der Essen Marketing GmbH. Dass Italiener oder Briten in der Touristikzentrale eine Stadtrundfahrt buchen, sei aber längst Alltagsgeschäft. Und: 2012 zählte Essen 1.376.000 Übernachtungen – 20 000 mehr als 2010.