Essen. Die Wilhelmschule in Essen wird ihre Pforten nach den Sommerferien nicht mehr öffnen. Zu geringe Anmeldezahlen führten nach 135 Jahren Schulbetrieb zur Schließung. Das gleiche Schicksal ereilt die Walter-Pleitgen-Schule in Frintrop, drei weitere Essener Schulen werden in den nächsten Jahren folgen. Für die Stadt ist es schwierig, ehemalige Schulhäuser zu vermarkten.

Eigentlich freut sich Gerda Dröge schon sehr auf den Beginn der großen Ferien, denn dann kann selbst sie als Schulleiterin ein wenig kürzer treten und entspannen. Wäre da nicht die Gewissheit: „Nun wird alles anders.“ Dröge leitet die Nikolausschule und die Wilhelmschule in Stoppenberg. Beide teilen sich seit 1968 ein Schulhaus – bis zum 31. Juli. Dann endet das Schuljahr offiziell und mit ihm die 135-jährige Tradition der Wilhelmschule.

„Es sieht traurig aus“, sagt Dröge, „die Kinder haben alle ihre Sachen schon mitgenommen – ihre Bilder und auch den Klassenschmuck.“ In den Schränken finden sich vereinzelt noch ein paar alte Bücher. „Die kommen weg, die sind nicht mehr zu gebrauchen“, weiß die Schulleiterin. Am Pult im letzten Klassenraum der Wilhelmschule schwelgt sie in Gedanken und erinnert sich an längst vergangene Zeiten: „Vor zehn Jahren, als ich hier Schulleiterin wurde, waren wir noch sechs im Kollegium.“ Doch das war einmal: Zuletzt gab’s neben ihr nur noch eine junge Lehrerin, die an eine andere Schule wechselt. Sie hat die letzen zwölf Wilhelmschüler unterrichtet.

"Die Wilhelmschule läuft aus"

„Es war vor vier Jahren, als wir kein erstes Schuljahr mehr bilden konnten und für alle klar war: Die Wilhelmschule läuft aus“, erinnert sich Dröge. 15 Anmeldungen, „das waren zu wenige“. Altersbedingt passte es jedoch gut, denn das Kollegium ging nach und nach in den Ruhestand. Nur Dröge blieb.

Mit den Ferien enden für die Schulleiterin, die anfangs nur übergangsweise einspringen sollte, zehn Jahre doppelter Aufwand: Um zwei Schulpflegschaften hatte sie sich zu kümmern, Kollegien und Schul- und Zeugniskonferenzen, Verwaltungen und so weiter. Bücher wurden hingegen im Schulverbund gekauft, „um Kosten zu sparen“.

Aber auch anderswo, in Frintrop, ergeht es momentan ei­ner anderen Schule so wie der Wilhelmschule: Obwohl die Elternpflegschaft vergeblich versucht hatte, ihren Fortbestand zu sichern, erklingt auch in der Walter-Pleitgen-Schule nach den Ferien kein Gong mehr. Und auch weitere Schulstandorte in Essen werden in naher Zukunft nicht mehr für schulische Zwecke genutzt: So folgen 2015 die ehemalige Adelkampschule in Holsterhausen, 2018 die frühere Hauptschule Schetters Busch in Schon­nebeck sowie 2020 die Gesamtschule Süd an der Frankenstraße.

"Vermarktung konnte nicht erfolgreich realisiert werden"

Wie schwierig es für die Stadt ist, ihre in die Jahre gekommene Immobilien zu neu vermarkten, zeigen die Markscheideschule in Altendorf und die Hauptschule Bärendelle in Essen-West. Beide wurden 2010 und 2011 geschlossen, doch „eine Vermarktung konnte bisher nicht erfolgreich realisiert werden“, sagt Stefan Schulze vom Presseamt. Oft spielte der Denkmalschutz dabei eine Rolle.

Bessere Chancen habe die Stadt, wenn sie alte Schulhäuser für eigene Zwecke verwendet. So wurde die Ruhrauschule in Steele zu einer Kindertagesstätte umgebaut. Diesem Beispiel soll auch die frühere Hauptschule in Karnap folgen. Die Bauarbeiten laufen bereits. Außerdem werden einige Räume weiterhin durch die Maria-Kunigunda-Schule für drei Klassen genutzt.

In die Räume der Wilhelmschule ziehen hingegen nach den Ferien die Viertklässler der Nikolausschule ein, die bisher in der Zweigstelle an der Schwanhildenstraße lernten. Dieser Standort wird aufgegeben. Dröge: „Was mit dem Gebäude passiert, ist aber noch unklar.“