Essen. Am Mädchengymnasium Essen-Borbeck sorgt die Schulglocke für Streit: Erst schafften die Lehrer das Pausenläuten ab, um die Konzentration zu fördern. Dann protestierten die Schülerinnen, sammelten sogar Unterschriften: Ohne Signalton seien sie orientierungslos. Die Schule reagierte mit einem Kompromiss.
Schulglocken oder Pausen-Gongs sind seit Jahren Gegenstand von Experimenten an Essener Schulen: Die Theodor-Heuss-Grundschule (Bergerhausen) kam Jahre bewusst ganz ohne aus, bis man beschloss, das Läuten doch wieder einzuführen - und wenn auch nur zum Ende der großen Pause. Das Berufskolleg im Bildungspark (Nordviertel) hat überhaupt keinen Gong.
Eine ganz besondere Erfahrung hat man in diesem Jahr am Mädchengymnasium Borbeck gemacht. Dort entschied ein kleiner Führungskreis zum Halbjahreswechsel: Die Klingel bleibt komplett aus. „Sie können in 45 Minuten keinen projektorientierten Unterricht machen, keine offenen Formen realisieren“, sagt Schulleiterin Katy Wenning. Doch der radikale Schritt führte zu Tumulten: „Wir waren geschockt“, sagt Schulsprecherin Katharina Kellner. „Viele von uns haben keine Armbanduhren, wir haben ja Handys. Handys sind aber in der Schule verboten.“
Die Schulleitung sah ihren Fehler ein
Eine Kleinigkeit, die nicht mitbedacht worden war – genau wie die Tatsache, dass nicht überall Wanduhren hängen. Chefin Katy Wenning nahm den Protest ernst - die Schülerinnen hatten schon mehrere hundert Unterschriften gesammelt. Die Direktorin rief ein offenes Forum ins Leben für Eltern, Lehrer, Schüler.
Man einigte sich auf eine sogenannte „Kombi-Lösung“: Jetzt klingelt es nur noch sechsmal am Vormittag, nicht mehr 15 mal, wie früher. Zum Ende der großen Pause sei ein Klingeln wichtig, lautete ein gewichtiger Einwand: „Die Kleinen gehen sonst draußen verloren.“ Die Lösung wurde einstimmig von der Schulkonferenz verabschiedet – so wurde aus der Kontroverse ein Lehrstück in Sachen Konsens.