Essen. . Bus- und Bahnfahrer sind oft die ersten, die Unmut der Kunden bei Verspätungen zu spüren bekommen. Mit einer Kampagne will die Evag den Berufsstand der Bus- und Bahnfahrer aufwerten. Damit soll um neue Fahrer geworben und die Kunden sensibilisiert werden. Auch intern soll es Verbesserungen geben

Baustelle auf der Alfredstraße, eine gesperrte A 52, Streckensperrungen auf der S-Bahn Linie 6 und Gleisarbeiten an den Straßenbahn-Linien 106 und 109: Wer sich dieser Tage im Essener Verkehr bewegt, der tut dies kaum ohne Einschränkungen und Behinderungen. Für Simone Actun sind Staus ein tägliches Ärgernis, sie ist Bus- und Bahnfahrerin für die Essener Verkehrs AG (Evag). „Das ist diesen Sommer schon extrem, die Verspätungen holt man nie mehr auf“, weiß sie. „Die Reaktion der Fahrgäste fällt dann gerade freitags schon mal extrem aus“, ergänzt Kollege Roland Dubiel.

150.000 Euro für Image-Kampagne

Seit Mittwoch werben beide mit ihrem Lächeln im XXL-Format auf Bussen und Bahnen um mehr Respekt für ihren Berufsstand. Sie sind Teil einer neuen Image-Kampagne, in die der Verkehrsverbund Via 150.000 Euro investiert hat und an dem insgesamt 40 Bus- und Bahnfahrer aus Duisburg, Mülheim und Essen teilnehmen. „Ich fahre alle gerne, jederzeit“, steht beispielsweise unter Actuns Portrait. 650 solcher Botschaften fahren nun auf Bussen und Bahnen der drei Verkehrsunternehmen. „Das Berufsbild der Fahrer hat gelitten, das Klima ist rauer geworden“, erklärt Via-Sprecher Nils Hofmann.

Gerade in Baustellen-Zeiten kann es zu längeren Verspätungen kommen. Die Zielperson für Beschwerden und Pöbeleien sitzt dann hinter dem Steuer – und ist mindestens genauso verärgert, denn kaum an der Endstation, geht es in Stauzeiten sofort wieder los. „Früher hatte man auf der SB15 regelmäßig 20 Minuten Wendezeit, heute kaum noch fünf“, erzählt Roland Dubiel. Die Strecke von Burgaltendorf zum Hauptbahnhof sei ob der vielen Behinderungen mittlerweile äußerst unbeliebt. „Die Leute steigen ein, gucken auf die Uhr und meckern ‘Das steht so aber nicht auf dem Fahrplan’“, beschreibt Simone Actun.

Zusätzliche Bahnen für die U18

Neben der öffentlichen Kampage will das Unternehmen an diesem Punkt auch intern ansetzen – „soweit es wirtschaftlich machbar ist“, wie Geschäftsführer Michael Feller einschränkt. So werden Fahrzeiten überprüft und der Verkehrslage angepasst, um die Fahrer zu entlasten. Diese „sollen nicht von vornherein einer Verspätung hinterher fahren“, erklärt Birgit Adler, Via-Geschäftsführerin für das Ressort Betrieb. Auf einigen Strecken, beispielsweise der U18, werden zusätzliche Bahnen eingesetzt, um den Takt einzuhalten. Auf allen Strecken lassen sich solche Maßnahmen aus Kostengründen freilich nicht umsetzen.

Zumal Personal fehlt. 73 Fahrer stellte die Evag in jüngerer Vergangenheit neu ein. Ein Großteil davon ersetzte jedoch in Rente gegangenes Personal, der durchschnittliche Evag-Fahrer ist über 50 Jahre alt. „Fachkräftemangel ist durchaus ein Thema, es ist schwieriger neues Personal zu finden“, beschreibt Feller. Deshalb soll die Kampagne auch „den Beruf des Fahrers in den Mittelpunkt stellen und werben.“ 2400 Euro Brutto lassen sich als Neueinsteiger verdienen.

Die beiden Evag-Models kennen die Essens Straßen hingegen schon lange. Seit 1993 ist Dubiel dabei, Actun fährt seit 1999. Und das besonders gerne am Wochenende im Nachtexpress. „Dann fährt es sich ruhiger, es gibt keinen Stau, “, sagt sie – und entsprechend wenig Verspätung und Beschwerden. Wer dennoch im alkoholisierten Kopf auf Streit aus ist, wird vom mitfahrenden Sicherheitspersonal in Schach gehalten. Für den Pendler-Verkehr soll ein nettes Lächeln ausreichen.