Essen. Kein Bus zwischen Kettwig und Karnap ist schneller als die Spurbusse der Linien 146 und 147. In gerade einmal acht Minuten schaffen sie die ehemalige Straßenbahn-Strecke. Doch das Spurbus-System gilt als Preistreiber, eine Sanierung scheint kaum möglich. Die Evag sucht nun nach Alternativen.
Im Nahverkehrsplan formuliert die Stadt unter dem Punkt „Verbesserung der Rahmenbedingung für den Busverkehr“, dass eine Sanierung der Spurbusstrecke „derzeit nicht weiter verfolgt“ wird. Und sie soll auch künftig nicht weiter verfolgt werden, diese Auffassung setzt sich jedenfalls bei der Evag intern zunehmend durch.
Das Spurbus-System gilt seit seinem Start im Jahr 1980, damals noch mit über 45 Millionen Mark aus Bonn gefördert, nicht gerade als Billiglösung: Pleiten, Pech und Pannen verfolgen das Projekt, die Referenzstrecke in Fulerum wurde vergangenes Jahr wieder abgebaut, es rollte dort schon lange kein Bus mehr. Als die Wagen Anfang der 90er Jahre durch den neuen Tunnel am Rathaus fahren sollten, gab’s schnell Probleme. Zwar waren die Fahrzeuge nun mit Doppeltüren ausgestattet, aber dafür passten die unterirdischen Abläufe nicht mehr – die Busse mussten wieder nach oben.
47 Busse, über 200 Rollen
An den Schwierigkeiten hat sich bis heute nichts geändert: Die beiden verbliebenen Strecken an der Wittenbergstraße und auf der A 40 gelten als Preistreiber im Budget. 47 Busse mussten noch vor vier Jahren für gut 15 Millionen Euro angeschafft werden. Jeder Bus wird über vier Rollen in der Betonspur gehalten, Gelenkbusse sogar von sechs Rollen.
Deren Stückpreis liegt inzwischen bei 3000 Euro. Als vor zwei Jahren im kalten Winter die anfälligen Rollen an den Bussen festfroren, entwickelten die Evag-Techniker in den Werkstätten kleine Schutzschilder.
Das alles bindet in den Schlossereien teure Arbeitsstunden. An der Wittenbergstraße zerbröselte jüngst eine Betonspur, ein teures Einzelstück musste angefertigt werden – der Hersteller der Spurbus-Planken hat längst Insolvenz angemeldet. Dass aber die Segmente, die in Stadtwald nur einen Kilometer ausmachen, zwischen Kray und Huttrop jedoch auf 3,5 Kilometer den Weg pflastern, ewig halten, davon gehen selbst Optimisten bei der Evag nicht aus.
Verweis auf Vorteil der A-40-Strecke
Dabei können die Spurbus-Befürworter nach wie vor auf den unbestrittenen Vorteil der A-40-Strecke verweisen: Kein Bus zwischen Kettwig und Karnap ist schneller unterwegs. In gerade einmal acht Minuten schafft der 146er oder 147er die ehemalige Straßenbahn-Strecke zwischen Kray und Wasserturm. Das ist in einer Stadt, die ihrem ÖPNV sonst kaum eigene Trassen bietet, ein unschlagbarer Wert.
Spätestens bis 2022 aber müssen Stadt und Nahverkehrstochter die Frage beantworten: Rechtfertigen die acht Minuten eine außergewöhnlich hohe Millionen-Investition in eine einzige Strecke? Wobei, dies muss man immer wieder betonen, die technischen Probleme als nahezu unlösbar gelten. Andererseits: Müssten die Busse auf die Strecke verzichten, bliebe ihnen nur die mühsame und zeitaufwendige Quälerei durch den Berufsverkehr: „Ein bis zwei Kurse müssten wir schon zusätzlich auf die Strecke bringen.“ Das aber wäre immer noch deutlich billiger, als auf Dauer die steigenden Unterhalts-Kosten für den Spurbus zu bezahlen, eine hohe sechsstellige Summe ließe sich durchaus sparen. Von Ersatzinvestitionen ganz zu schweigen.
Für einen Taktfehlen 130.000 Euro
Geld, das im klammen Evag-Haushalt an allen Ecken und Enden fehlt. Um dazu ein weiteres Beispiel aus dem Nahverkehrsplan anzuführen: Ein Zehn-Minuten-Takt für die Direktverbindung zwischen Kray und Steele für die 170er-Linie in der Hauptverkehrszeit (6 bis 8.30 Uhr und 13 bis 18.30 Uhr) scheitert an vergleichsweise läppischen 130.000 Euro. Zum Vergleich: Ein Aufzug für die U-Bahn-Station an der Messe belastet den Haushalt mit rund 1,5 Millionen Euro!
Das alles spricht nicht gerade für den Spurbus. Die Frage lautet: Wie lässt sich die Strecke ertüchtigen, ohne ein Millionen-Grab in Beton zu gießen? Die Linien nur in eine Richtung fahren lassen? Ein Schnellbus zwischen Kray und Huttrop ohne Haltestellen auf der A 40? „Zurzeit ist noch gar nichts klar“, heißt es dazu bei der Evag, „aber sicher ist, dass wir die Spurbus-Frage beantworten müssen. Und das deutlich vor 2022.“