Essen. . 12,7 Prozent der Essener sind überschuldet, für viele von ihnen ist eine Privatinsolvenz der letzte Ausweg. Doch die Wartelisten für die vorgeschriebene Beratung sind voll. Die Verbraucherzentrale setzt verstärkt auf Prävention, um Privatinsolvenzen zu vermeiden.
Als die Verbraucherzentrale in Essen jetzt ihren Jahresbericht vorlegte, rangierte ein Thema erneut weit oben: Schulden. 12,7 Prozent der Essener sind überschuldet, das heißt, sie können ihre Verbindlichkeiten mittelfristig nicht bedienen. „Kurz: Sie sind pleite“, sagt Insolvenzberater Volker Naujok. Bundesweit liegt der Anteil überschuldeter Bürger bei 9,7 Prozent, in NRW bei 10,9 Prozent.
Dass so viele Essener mit Schulden zu kämpfen haben, stellt auch die Beratungsstelle vor Probleme. Wer ein Insolvenzverfahren beantragen will, um sich langfristig von den Schulden zu befreien, kommt auf die Warteliste – im besten Fall. Im Moment ist die Liste geschlossen, weil bereits 60 Fälle darauf stehen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 konnten mit Hilfe der Essener Verbraucherberatung 46 Insolvenzverfahren abgeschlossen werden. „Vor 2014 wird die Liste nicht wieder geöffnet“, folgert Naujok.
Problem ist auch beim Essener Amtsgericht bekannt
Ähnlich sieht es beim Verein Schuldnerhilfe Essen (VSE) aus: Dort war die Warteliste zuletzt am 2. Mai geöffnet und musste am selben Tag wieder geschlossen werden – mit über 100 neuen Fällen. „Wenn die Leute monatelang gewartet haben, wollen wir sie nicht enttäuschen“, sagt eine Beraterin.
Das Problem mit der Privatinsolvenz ist auch beim Essener Amtsgericht bekannt: „Seit zwei, drei Jahren liegt die Zahl der gerichtlichen Verfahren hier auf einem gleichbleibend hohen Niveau“, sagt Sprecher Michael Schütz. Bevor überhaupt ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann, muss der Betroffene nachweisen, dass eine außergerichtliche Einigung mit dem Gläubiger gescheitert ist. „Da reicht es nicht, wenn man sagt: ,Ich hab’ mal mit dem gesprochen, aber der wollte nicht.’ Das muss von einer professionellen, anerkannten Stelle bescheinigt werden.
Der Verbraucherzentrale sind Grenzen gesetzt
Diese Profis sind Verbraucherzentrale oder Schuldnerhilfe (die kostenlos arbeiten) oder Anwälte. Für überschuldete Bürger aber ist es schwer, Anwaltshonorare aufzubringen. „Keine Rechtsschutzversicherung zahlt das, und Prozesskostenhilfe gibt es da auch nicht“, betont Schütz. Es wäre daher sinnvoll, wenn die Beratungsstellen ihr Angebot ausweiten könnten.
Doch der Verbraucherzentrale, die zum größten Teil von der Stadt finanziert wird, sind hier Grenzen gesetzt. Dafür setzt sie verstärkt auf Prävention, auf die Verhinderung von Überschuldung. „Wir suchen mit Betroffenen nach Einsparmöglichkeiten und helfen ihnen, ihre Finanzen auf Dauer vernünftig zu regeln“, sagt Naujok. Aufklärungsarbeit leiste man mit Vorträgen und vom 15. bis 19. Juli mit einer Info-Woche an Schulen: Damit schon junge Verbraucher lernen, mit Geld umzugehen.