Essen. 15.000 Bürger holten sich im vergangenen Jahr Rat beim Verein Schuldnerhilfe Essen (VSE). Mit 1049 gab es in Essen die meisten Privatinsolvenzen im Ruhrgebiet, landesweit schnitt nur Köln noch schlechter ab.

„Die Schuldensituation in Essen verschärft sich.“ Hartmut Laebe, Vorsitzender beim Verein Schuldnerhilfe Essen (VSE), blickt besorgt auf das vergangene Jahr zurück. 1049 Essener gingen pleite. Essen hatte damit die meisten Privatinsolvenzen im Ruhrgebiet. Im landesweiten Vergleich standen nur die Kölner noch schlechter da.

„Bedrückend. Umso länger die Betroffenen auf den Start ins Insolvenzverfahren warten müssen, umso höher die Schuldenlast“, sagt Laebe. Verhandlungen mit Gläubigern würden zunehmend schwieriger. „Sie stimmen ei­nem Vergleichsvorschlag, bei dem sie zum Beispiel zehn Prozent bekommen würden, immer seltener zu. Holen die moralische Keule raus. Und gehen, wenn der Schuldner in die Privatinsolvenz geht, am Ende meist leer aus“, betont der VSE-Vorsitzende. Einen außergerichtlichen Einigungsversuch zu erzielen, werde somit immer aussichtsloser, der Aufwand für alle Beteiligten hinge­gen immer größer. Die Folge: In den ersten beiden Monaten dieses Jahres stiegen die beim Insolvenzgericht gezählten Privatinsolvenzen erneut um 24 Prozent.

Die Zahl der Eidesstattlichen Versicherungen stieg in Essen auf 8024 (+1,4 Prozent). Der Verein Schuldnerhilfe fordert daher einen Ausbau der gemeinnützigen Schuldnerberatung um überschuldeten Menschen zeitnah einen Zugang zum Start in die Entschuldung zu ermöglichen. „Vor allem Energieschulden treiben immer mehr Menschen in die Überschuldung“, beklagt die Vize-Vorsitzende des VSE, Margret Schulte. Mit jeder neuen Jahresabrechnung stiegen die Beratungsfälle – eine Entwicklung, die auch bei der Stadt Essen zu spüren ist. Und die Millionen kostet. Sie gab 2012 rund 1,1 Millionen Euro als Darlehen an Bedürftige, damit sie ihre Miet- und Energieschulden bezahlen konnten.

Mit 71 Millionen Euro in den Miesen

Es sei bekannt, nicht zuletzt durch die Ergebnisse der Auswertungen im aktuellen Schuldneratlas der Creditreform, so Schulte, „dass die Schuldensumme geringer ausfällt, wenn frühzeitig fachkundige Hilfe seitens der Schuldnerberatung zur Verfügung steht“. 1.227 Betroffene haben sich im vergangenen Jahr erstmals Hilfe suchend an den Verein gewandt. Etwa 15.000 Kontakte mit Ratsuchenden registrierten die Fachkräfte. Die durchschnittliche Schuldenhöhe je Ratsuchendem stieg im vergangenen Jahr erneut – auf 54.363 Euro. Das registrierte Gesamtschuldenvolumen erreichte 71 Millionen. Hiervon konnten circa zehn Millionen Euro den Gläubigern abverhandelt werden.

Mit Hilfe der VSE-Fachkräfte wurden 228 private Insolvenzverfahren begonnen. Um sicherzustellen, dass den Menschen zumindest das pfändungsfreie Einkommen bleibt, muss seit 2012 ein Pfändungsschutzkonto eingerichtet werden . „Nur so“, sagt Schulte, „ist das pfändungsfreie Einkommen vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt.“ 300 Mal half der VSE Betroffenen dabei, ein solches Konto zu eröffnen.

755 Langzeitarbeitslose, die durch das Job-Center betreut werden, wurden von ihren Fallmanagern mit ei­nem Beratungsgutschein an den Verein verwiesen. Nur sechs Prozent lehnten das Angebot ab. Im Seniorenbeirat machte der VSE auf zunehmende Schulden im Alter aufmerksam. „Das Problem gewinnt aufgrund prekärer Beschäftigung und damit oftmals einhergehender ungeregelter Altersvorsorge immer mehr an Bedeutung“, so Laebe.

Wer finanziell nicht mehr zurecht kommt, ist bei der Schuldnerhilfe richtig

Bei finanziellen Problemen ist die Beratungsstelle des Vereins Schuldnerhilfe Essen (VSE) am Pferdemarkt 5 die richtige Anlaufstelle. Ob persönlich, telefonisch unter 827 26 0 oder über die Onlineberatung bekommen Essener mit Geldsorgen Auskünfte zu Schuldenfragen.

Juristen, Sozialarbeiter und kaufmännische Fachkräfte des Vereins helfen vertraulich und kostenlos. Wer sich beraten lassen will, sollte seinen vorher ausgefüllten Beratungsbogen und seine Schuldenunterlagen zum Gespräch mitbringen.

Geboten werden Haushaltsberatung, Überprüfung von Forderungen auf deren Rechtmäßigkeit, Berechnung von Gesamtschulden und finanziellen Möglichkeiten, Hilfe bei Verhandlungen mit Gläubigern, Beratung für Selbstständige und Verbraucherinsolvenzberatung. Erwartet wird aktive Mitarbeit und die Offenlegung aller Schulden.