In Essen sind immer mehr Menschen überschuldet. Vergangenes Jahr gab es in der Stadt 1049 Privatinsolvenz-Verfahren – so viele wie nie zuvor. Das zeigt der Bericht der Schuldnerhilfe (siehe Zweittext unten), der gestern vorgelegt wurde. Damit ist Essen hinter Köln die Stadt in Nordrhein-Westfalen mit den meisten Verfahren. Die Überschuldung kann jeden treffen. Doch viele Betroffene suchen erst spät - manchmal zu spät Hilfe, wie dieser Fall der Verbraucherzentrale zeigt.
Der Fall
Der Weg zu Schuldnerberater Volker Naujok in die Verbraucherzentrale an der Hollestraße war ihnen schwer gefallen. Verunsichert und angespannt sitzt das Paar, Mitte 50, vor Naujok. Beide hatten vor einiger Zeit einen Konsumentenkredit bei einer Bank aufgenommen. Die Tilgung war zunächst kein Problem. Doch dann war der Mann schwer krank geworden, bei ihm wurde ein Herzleiden festgestellt. Er verlor wegen der langen Krankheit seinen Arbeitsplatz, bekam nur noch 1150 Euro Arbeitslosengeld. Sie arbeitete auf 400-Euro-Basis. Dennoch hatten es die beiden noch über ein Jahr lang geschafft, die Raten von fast 400 Euro pro Monat aufzubringen. Bis es nicht mehr ging. Denn als auch der Dispo-Kredit aufgebraucht war, suchten sie Hilfe bei Volker Naujok.
Die Verbraucherzentrale rät
Naujok erkannte sofort: „Mit diesem Einkommen ist es unmöglich, die Rate zu zahlen“. Das Einkommen der beiden lag weit unter ihrer Pfändungsfreigrenze. Das heißt: Wenn das Paar Verbraucherinsolvenz anmelden würde, würde die Bank ohnehin keinen Cent mehr sehen. Pfändbares Vermögen gab es nicht.
Das war die Ausgangsbasis, mit der Naujok in Verhandlungen mit dem Kreditinstitut trat. Diese zogen sich über viele Wochen hin, bis der Kompromiss stand: Die Eheleute sollten über 72 Monate – so lang dauert ein Insolvenzverfahren – jeweils 40 Euro an die Bank zahlen. Als Naujok dem Paar die Einigung präsentierte, fassten sich beide erleichtert an den Händen. „Endlich können wir wieder beruhigt schlafen“.
Dieser Fall ist aus Sicht von Volker Naujok exemplarisch: Beide kamen eigentlich viel zu spät, nämlich als das Wasser schon bis zum Halse stand. „Wenn die Ausgaben regelmäßig die Einnahmen übersteigen, sollten die Alarmglocken angehen“, so der Schuldner-Berater. Von einer Restschuldversicherung, die manche Banken anbieten, rät der Verbraucherschützer allerdings ab. Die seien teuer und meist zeitlich befristet.