Essen. . Nur wenige Fälle von Vandalismus und Diebstählen auf Friedhöfen werden aktenkundig. Seitens der Stadt setzt man auf die Polizei. “Es gibt keine Videoüberwachung mehr auf unseren Friedhöfen“, heißt es bei Grün und Gruga, “seit Beginn des Jahres haben wir unsere Kameras nach und nach abgeschaltet.“

Monika Kloss trauert. Und ist entsetzt über das, was ihr auf dem städtischen Südwestfriedhof widerfahren ist. Jüngst beerdigte die Frohnhauserin dort ihre 87-jährige Mutter. „Als ich dann zwei Tage später zum Grab kam, traf mich der Schock“, sagt die 68-Jährige. Sämtliche Blumen und Gestecke die sie, Freunde und Angehörige bei der Beisetzung aufs Grab gelegt hatten, waren verschwunden. Zudem hatte jemand die roten Rosen aus dem Kranz, der die letzte Ruhestätte ih­rer Mutter schmückte, herausgerupft. Und selbst die Schleife fehlte. „Ich war und bin noch immer fassungslos. Wer macht denn so etwas bloß?“, fragt Kloss.

Anzeige wurde erstattet

Bei der Friedhofs- verwaltung war man ebenfalls entsetzt und riet Monika Kloss, bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten, was sie dann auch tat – den Tränen nahe. „Man liest ja leider immer wieder, dass Kupfervasen von Gräbern geklaut werden. Aber so unverschämt, nach der Beerdigung ein ganzes Grab leer zu räumen, kann doch wirklich kein normal denkender Mensch sein. Das nimmt mittlerweile Dimensionen an, die einfach fürchterlich und beschämend sind“, beklagt die Rentnerin.

Was Monika Kloss widerfahren ist, bleibt leider kein Einzelfall. Obwohl bei der Polizei „weitaus weniger Fälle von Diebstählen und Vandalismus auf Friedhöfen“ aktenkundig sind, als in den Vorjahren, so Polizei-Pressesprecher Lars Lindemann, habe man weiter ein Auge auf die Friedhöfe. „Es liegt wohl mit an unserer verstärkten Präsenz auf und an den Friedhöfen, dass Diebstähle und Vandalismus zurückgegangen sind.“

Kameras wurden nach und nach abgeschaltet

Seitens der Stadt setzt man ebenfalls auf die Beamten, die auf den Totenfeldern nach dem rechten sehen – und nicht mehr auf moderne Technik, anders als noch in 2011. „Es gibt keine Videoüberwachung mehr auf unseren Friedhöfen. Seit Beginn des Jahres haben wir unsere Kameras nach und nach abgeschaltet“, sagt Eckhard Spengler von Grün und Gruga. Lindemann: „Als die Kameras angebracht wurden, konnten wir einen deutlichen Anstieg von Diebstählen und Vandalismus ausmachen und dagegen vorgehen.“

Seither sei es ruhiger geworden. Organisierte Banden, die in einer Nacht gleich 50, 60 oder 70 Kupfervasen mitgenommen haben, würden um städtische Friedhöfe mittlerweile einen Bogen machen. Fälle von Beschaffungskriminalität – Drogenabhängige, die Vasen oder Kreuze aus Kupfer abmontieren und beim Schrotthändler in Bares und später Drogen umsetzen, würde es immer mal wieder geben. Viel erhalten sie mittlerweile aber nicht mehr dafür; der Kupferpreis ist seit 2011 deutlich gesunken. Eine Fehlinvestition seien die Kameras dennoch nicht gewesen. Eher habe das Thema Datenschutz die Stadt dazu bewegt, künstlichen Augen wieder abzuschalten. Schließlich wolle nicht jeder, der in Stille trauern möchte, dabei gefilmt werden.

Verunreinigungen und Beschädigungen auf der Friedhofstoilette 

Die städtischen Friedhöfe künftig über Nacht abzuschließen, um auf Nummer Sicher zu gehen, hält Eckhard Spengler jedoch für abwegig: „Denn die Leute, die wirklich etwas stehlen wollen, klettern ganz einfach über den Zaun und sind dann die ganze Zeit unter sich.“

Auch auf den acht evangelischen Friedhöfen gibt es immer mal wieder Fälle. Das Bild ist jedoch uneinheitlich. „Klassischer Vandalismus, also Beschädigungen aus blinder Zerstörungswut, scheint die Ausnahme zu sein. Und auch vermehrte Diebstähle sind nicht überall ein Problem“, so Stefan Koppelmann, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Kirchenkreis Essen. „Von Vandalismus können wir nicht sprechen“, teilt die Evangelische Kirchengemeinde Haarzopf mit. „In den vergangenen 17 Jahren ist auf unserem Friedhof mal hier eine Blume, mal dort ein Topf verschwunden, mehr nicht.“ Was eher problematisch sei, sind Verunreinigungen und Beschädigungen auf der Friedhofstoilette.

Auf dem Matthäusfriedhof sei es hingegen öfter zu Diebstählen ge­kommen, so Daniel Stender vom Gemeindeamt: „Der Trend nimmt aus meiner Sicht leider zu. So wurden schon kupferne Regenrinnen vom Dach der Friedhofskapelle gestohlen und auch Wasserhähne mit roher Gewalt abmontiert.“ Man rate den Angehörigen der Verstorbenen inzwischen, von sehr wertvollem Grabschmuck abzusehen. Auch die neuen Regenrinnen seien nun aus Kunststoff.

Aufmerksame Nachbarn

In Überruhr hat Pfarrer Martin Prang in den vergangenen zehn Jahren „vielleicht einen, maximal zwei Fälle“ von klassischem Vandalismus auf dem Gemeindefriedhof erlebt. Ein Einbruch in das Häuschen des Gärtners war Teil einer Serie, die mehrere Gebäude in der Umgebung betraf, und der Diebstahl der kupfernen Regenrinne vom Dach der Kapelle Ende 2012 ging wohl aufs Konto einer organisierten Bande – einen Trend vermag er darin nicht zu erkennen.

„So schlimm, dass wir etwa an den Einsatz von Videokameras denken müssten, ist es bei weitem nicht“, sagt Pfarrer Martin Prang. Denn: „Unser Friedhof ist meistens gut besucht – das garantiert die beste Kontrolle. Außerdem haben wir aufmerksame Nachbarn.“