Essen. . Auf Essens Friedhöfen gibt es insgesamt 39 üppig bepflanzte Ehrengräber verdienter Persönlichkeiten. Darunter sind ehemalige Oberbürgermeister oder Bürgermeister. Doch nicht jeder erste Bürger der Stadt Essen wollte in seiner ehemaligen Wirkungsstätte beerdigt werden.

„Wenn man einmal weiß, wie ein Ehrengrab bepflanzt ist, dann erkennt man eigentlich alle“, sagt Michael Maas scherzend. Etwa links drei blaue Stiefmütterchen, rechts drei gelbe Stiefmütterchen – wie die Stadtfarben –, ein paar Ruhrsandsteinplatten und ein einfacher Grabstein? Nein so schlicht geht’s dann doch nicht zu: „Der Grabstein ist Sache der Angehörigen, nur die Bepflanzung ist gleich“, erklärt Maas lachend. Je nach Saison seien das zum Beispiel mal Sommerblumen oder Geranien, meint er zu wissen. Gut, Maas ist kein Friedhofsgärtner, sondern ein Mitarbeiter im Amt für Ratsangelegenheiten und Repräsentation, der sich eher um die Dokumentation und weniger ums Unkraut zupfen oder Pflänzchen setzen auf den Gräbern verdienter Essener Persönlichkeiten kümmert.

39 Ehrengräber gibt’s aktuell zwischen Kettwig und Karnap. Ehemalige Oberbürgermeister sind darunter, ehemalige Bürgermeister der eingemeindeten Stadtteile oder „Sonstige“ – wie sie bezeichnet werden: Bürger, die die Politik ob ihres Engagements für die Heimatstadt für würdig hielt. Ein Antrag an die Verwaltung reicht, die diesen an den Ältestenrat – dem Beratungsgremium aus OB, Bürgermeistern und Fraktionsvorsitzenden im Rat – weitergibt.

Ratsmitglieder haben das letzte Wort

Passiert er diesen, haben die Ratsmitglieder das letzte Wort: Sie entscheiden, wessen letzte Ruhestätte auf Erden die Stadt auf ihre Kosten pflegt und wessen Angehörigen Liegegebühren „erspart“ bleiben – in dem Fall eine Formsache. Um 29 dieser Gräber kümmern sich die Friedhofsgärtner von „Grün & Gruga“; bei jährlichen Kosten von rund 14.000 Euro für die Stadt. Der anderen nehmen sich Stiftungen oder Privatpersonen bewusst selber an.

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Einen Automatismus, wer ein solches Ehrengrab nach dem Tode zugesprochen bekommt, gibt es nicht, auch nicht für ehemalige Stadtoberhäupter. Von denen ließ sich nicht jeder in Essen, an seiner Wirkungsstätte, beerdigen. Sie zogen ihre Heimat als Bestattungsort vor, etwa der von den Amerikaner ernannte Nachkriegs-OB und Stadtdirektor Hugo Rosendahl, der in Duisburg-Hamborn ruht.

Dem 2007 an Krebs verstorbenen Alt-OB Peter Reuschenbach (SPD) etwa konnte diese Ehre nicht posthum zugesprochen werden, weil er dies bereits vor seinem Ableben ausdrücklich nicht wünschte und es nie eine Erdbestattung gab. Reuschenbach überließ seinen Körper der medizinischen Forschung. Die, die nun in einem besonderen Flecken Essener Erde ruhen, kamen jedenfalls zu dieser Ehre – ohne dass es bürokratischer Fristen bedurfte, wie lange sie das Zeitliche bereits gesegnet haben mussten.

39 besonders gestaltete Grabmäler finden sich auch in Parks wieder 

Auf den ersten Blick zu erkennen sind die Gräber nicht immer. Auf einige macht die Stadt mit weißen Schildern aufmerksam. Andere Erkennungsmerkmale sind rar: „Nur bei den ehemaligen Oberbürgermeistern Holle und Zweigert ist ein Stadtwappen auf dem Grabstein“, erzählt Maas. Am angestammten Platz, dem ehemaligen Friedhof am Kettwiger Tor, blieben beide auch nicht beerdigt, der wurde 1955 entwidmet. Holle wurde auf den Südwestfriedhof umgebettet, Zweigert auf den Ostfriedhof. Die 39 sehenswerten und sehr individuell gestalteten Grabmäler, ob als prächtige Gruft (Familie Waldthausen) oder mit eindrucksvollem Säulen-Stein samt Relief-Porträt (Gustav Heinemann) inszeniert, finden sich auch in Parks wieder, die früher als Friedhof dienten, etwa im Gervinuspark. Dort befand sich der Westfriedhof, wo der Bürgermeister Altendorfs, Wilhelm Kerckhoff, seine letzte Ruhe fand.

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„In einem Fall ist so etwas gar testamentarisch gesichert“, weiß Maas. Gemeint ist der Altenessener Kaufmann Johann Heinrich Spindelmann: Er wuchs im dortigen Waisenhaus auf und erwirtschaftete später ein Vermögen mit dem Viehhandel. Mit seinem Tod 1927 ging das Kapital an die Stadt über, um eine Stiftung in seinem Namen für die Unterstützung von Waisenkindern einzurichten. Einzige Bedingung: Die Stadt erhält und pflegt seine Grabstätte auf dem Altenessener Südfriedhof, dem heutigen Segerothpark.

Viele haben sich durch Engagement fürs Gemeinwohl hervorgetan: einerseits durch vererbtes Vermögen an die Stadt, das heute noch guten Zwecken dient, andererseits durch Wohltaten zu Lebzeiten. Dazu gehören etwa Agnes und Eugen von Waldthausen, die im Familien-Mausoleum auf dem Friedhof Bredeney liegen. Ihrem Ehrengrab stimmte der Rat erst im Dezember 2012 zu, ebenso wie dem der Familie Baedeker auf dem Ostfriedhof. Bereits im Ältestenrat scheiterte dagegen im Oktober 2012 das Ansinnen eines Bürgers, das bereits erloschene Grab des Beigeordneten und Direktors der Margarethe-Krupp-Stiftung, Paul Brandi, durch Ernennung zum Ehrengrab zu retten. Die Begründung war kurz und schmerzlos: Er soll vorwiegend zum Wohle der Stiftung und nicht der Stadt gewirkt haben.