Essen. Auf kleinen und mittleren Friedhöfen übernehmen mehr und mehr Private die Grundpflege. Das stößt etwa am Friedhof in Rellinghausen schon jetzt auf starke Kritik - dabei wird das Modell in Zukunft noch weit häufiger greifen.
Personalkosten sparen und die Friedhöfe dennoch in einem erträglichen Zustand halten - um das zu erreichen setzt Grün und Gruga mehr und mehr auf Fremdfirmen. In Rellinghausen ging das jetzt schief. Den Einschnitt beim Grünschnitt wollen die Angehörigen Verstobener des städtischen Friedhofs nicht weiter hinnehmen und beschweren sich lautstark über Wildwuchs auf dem Gottesacker. Das Modell „Outsourcing“ ist aber eines, das die Stadt in Zeiten des Sparzwangs künftig wohl noch weit öfter wählen wird.
Büsche und Hecken wuchern
Der Friedhof am Glockenberg ist eine schnuckelige Anlage. Doch das kleine Paradies hat Risse bekommen. „Der Friedhof ist abgerutscht“, stellt Renate Hasenauer fest. Seit 20 Jahren kommt sie regelmäßig. Bislang hatte sie wenig Grund zur Klage aber das hat sich geändert. „So schlimm war es noch nie“, unterstreicht sie und erntet zustimmendes Nicken von den rund 15 Damen und Herren, die sich an diesem Vormittag auf „ihrem“ Friedhof eingefunden haben. „Die Büsche und Hecken werden überhaupt nicht beigeschnitten“, kritisiert Renate Hasenauer. „Damit die Grabstelle meines Mannes und meiner Mutter nicht vom Unkraut zugewuchert wird, muss ich die beiden benachbarten selbst sauber halten“, ergänzt Renate Bruckmann.
Moos, das zwischen Steinplatten hervorlugt; lange Zweige, die über die Gräber hängen; Hecken, deren genaue Kontur nicht mehr zu erkennen ist; Unkraut in den Büschen und in den Beeten; recht hoch gewachsene Eichelsträucher als „Nachwuchs“ der Eichen: Hier ist kein Dschungel, aber die Natur holt sich gerade ein Stück zurück.
Losgegangen war der Ärger der Besucher ab dem Zeitpunkt, an dem ihr Friedhofsgärtner abgezogen wurde und eine private Firma mit der Rasen- und Heckenschnitt, Pflege der Beete, Reinigung der Wege und der Laubbeseitigung im Herbst beauftragt wurde. Das war Anfang des Jahres. „Ich habe den Eindruck, dass keine Kontrolle mehr stattfindet, was die Fremdfirmen abliefern“, sagt Hermann-Josef Lenze von der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald.
Modell gestartet 2009
„Doch, das wird getan“, sagt dazu Hans-Joachim Hüser, zuständig bei Grün und Gruga für die Friedhöfe. Drei Mal wöchentlich seien seine Mitarbeiter bei den Bestattungen vor Ort. Die Fremdfirma, dessen Namen er noch nicht nennen möchte, erledige nach einem vorher abgemachten Plan zwei Mal jährlich den Grünschnitt. Im Mai sei das letzte Mal in Rellinghausen das Gehölz bearbeitet worden, der nächste Termin stehe zwischen 17. September und 5. Oktober an.
Die Benachrichtigungen an diejenigen, die die Gräber ihrer Angehörigen verwahrlosen ließen, übernehme hingegen das Amt selber – rund 2200 Mal pro Jahr bei 245 000 Grabstellen insgesamt. „Wir bieten den Rellinghausern an, uns mit ihnen zusammen die Anlage anzusehen“, verspricht er.
„Ziemlich überrascht“ ist er von den Klagen: „Dadurch, dass kein Friedhofsgärtner mehr regelmäßig vor Ort ist, ist es eine Umstellung. So vehemente Beschwerden haben wir aber bislang noch nie gehört“, stellt er auch mit Verweis auf die aktuell fünf von insgesamt 23 städtischen Friedhöfen – neben Rellinghausen noch Überruhr, Burgaltendorf, Karnap und Huttrop (Siepenfriedhof) – fest, für die nun Privatfirmen zuständig sind.
Burgaltendorf und Heisingen I (Georgkirchstraße) waren 2009 Vorreiter, aus „organisatorischen Gründen“ sei Heisingen gegen Rellinghausen getauscht worden. Die Ursachen für das „Outsourcing“? „Auch bei uns steigen die Personalkosten“, begründet Hüser das Modell, das weiter Schule machen soll, zumindest auf den kleinen und mittelgroßen Anlagen der Stadt. Kettwig und Kray sollen 2013 folgen.