Essen. . Die Schuldnerhilfe zieht eine Bilanz, wonach die Fallzahlen stagnieren. Ausnahme sind jedoch die Senioren. Die Altersarmut ist bei der Schuldnerhilfe angekommen. Im Jahr 2011 gelang es den Essener Beratern insgesamt eine Summe von 12,5 Millionen Euro bei den Gläubigern wegzuverhandeln.

Die Altersarmut ist bei der Schuldnerhilfe angekommen. Die verzeichnet für das vergangene Jahr insgesamt stagnierende Zahlen, die Fallzahl liegt bei rund 2400. Zuwächse, die sie viele Jahre für die junge Generation verkündeten, treffen nun die Älteren, sagt Wolfgang Huber, Leiter der Schuldnerhilfe, die dem Oberbürgermeister ihre Bilanz 2011 präsentierte. Reinhard Paß lobte die Arbeit, von der nicht nur der Mensch, sondern auch die öffentliche Hand profitiere, die sonst manch Folgekosten mehr zu tragen hätte.

Mehr geworden ist bei der Schuldnerhilfe die Zahl der Kontakte der Berater zu den Gläubigern: um 40 Prozent auf 13.750. „Auch die Zahl der persönlichen Gespräche nahm um 24 Prozent auf fast 6200 zu“, sagt der Vorsitzende Hartmut Laebe. Grund sei die starke Zunahme des Schriftverkehrs und damit die der Komplexität in den Insolvenzverfahren. Die bleiben rechtlich der intensivste Bereich, um den sich die Berater kümmern.

Hauptgrund ist die Arbeitslosigkeit

Die Warteliste hätten sie nun allerdings abgearbeitet. Und für alle anderen Fälle gelte: Wer zur offen Sprechestunde kommt, erhält ein Erstgespräch. Und innerhalb von acht Tagen einen persönlichen Termin. Das sei wichtig, denn viele nehmen ihren ganzen Mut zusammen, um den Weg zur Schuldnerhilfe zu finden. Wer dann vertröstet wird, komme womöglich nicht wieder, sagt Laebe, der den Verein vor 26 Jahren mitbegründet hat. Im Jahr 2011 gelang es den Beratern insgesamt eine Summe von 12,5 Millionen Euro bei den Gläubigern wegzuverhandeln, berichtet Laebe. Das Gesamtschuldenvolumen betrug 72,5 Millionen Euro.

Der Hauptgrund für Schulden ist schon immer die Arbeitslosigkeit gewesen, sagt der Vorsitzende und erklärt die nun gleichbleibende Zahl damit, dass immer mehr Menschen in Arbeit seien. 2011 erhielten 647 Erwerbslose mit Schuldenproblemen vom Jobcenter (zu dem seit drei Jahren eine enge Kooperation besteht) einen Gutschein für die Schuldnerberatung. „Denn Schulden sind auch ein Vermittlungshemmnis“, sagt Laebe. Etwa die Hälfte der Hilfesuchenden seien Langzeitarbeitslose. Für sie gibt es eine Einzelfallpauschale, das regele ein Bundesgesetz, erklärte Huber, der sich auch für die anderen Fälle mehr Möglichkeiten wünscht.

Seniorenschuldner - ein neues Feld

Derzeit können sie „nicht jeden an die Hand nehmen“, was etwa Einkäufe oder Essgewohnheiten („Pommesbude“) betrifft. Woher die Schulden genau stammen, lasse sich ohnehin meistens nicht nachverfolgen. Zum einen, weil „die durchschnittliche Geschichte, die dazu führte, in der Regel zehn bis 15 Jahre zurückliegt“. Zum anderen ist der Ansatz der Schuldnerhilfe ein anderer. Laebe: „Wir blicken sozialarbeiterisch nach vorn“. Und könne zudem dank ihrer Zusammenarbeit auch Hilfe vom Jugendamt oder sozialen Einrichtungen hinzuholen.

Immerhin bearbeiten die Berater der Schuldnerhilfe heute das 20-zigfache der Fälle, die noch Ende der 1980er Jahre bei ihnen landeten. Was auch zu ihren täglichen Aufgaben zählt, ist die Präventionsarbeit. Mit dem Finanz-Führerschein, bei dem sie in die Klassen gehen und Material an Lehrer verteilen, erreichen sie jährlich bis zu 3000 Schüler, sagt Laebe.

Nun werden die Berater einen Weg zu den Senioren finden müssen: Gehen wir in Senioreneinrichtungen und Altenheime? Kommen sie zu uns? Diese Fragen stellen sie sich bereits und befürchten auch die Scham mancher Senioren ob der Schulden. Der Zuwachs bei der Gruppe überrasche die Schuldnerhilfe allerdings keinesfalls, sagt Laebe: „Er war vorhersehbar und prognostiziert“.