Essen. Falscher Stolz, Unwissenheit und Scham hindern Senioren oft daran, Beratungsstellen aufzusuchen.
Altersarmut und steigende Verschuldung im Alter sind die großen Themen, die unsere Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen werden. Anlass für die bundesweite Aktionswoche „Alter, Armut, Schulden: Bis gestern ging’s noch“ an der auch die Essener Schuldnerhilfe und die Verbraucherzentrale mit zwei Vorträgen (Seniorenbeirat und Awo-Seniorenzentrum) teilnehmen.
Else K. hat eine Rente von knapp 1000 Euro. Die 74-jährige Witwe ist kinderlos, hat wenig Kontakte. Eigentlich könnte sie von ihrer Rente ganz gut leben, allerdings ohne große Rücklagen zu bilden. Doch dann fiel sie auf einen Werbebrief herein, der ihr einen vermeintlichen Gewinn versprach. In Wirklichkeit bestellte sie mit der Beantwortung Arthrose-Tee im Wert von 30 Euro. Erst folgten Mahnungen, dann wurde ein Inkasso-Büro eingeschaltet und schnell wurden aus 30 Euro 300.
Möglichkeit der Privatinsolvenz
„So oder ähnlich rutschen ältere Menschen plötzlich in die Überschuldung“, kommentiert Wolfgang Huber diese unseriösen Praktiken. Schon kleine Beträge würden sie an ihr Limit und unter ihr Existenzminimum bringen. Aus Scham, Unwissenheit oder falschem Stolz, so der Leiter der Essener Schuldnerhilfe, würden Senioren oft keine Hilfe suchen.
Dabei gibt es viele Wege, die aus den Schulden führen, wie ein extra herausgegebenes Infoblatt der Verbraucherzentrale aufzeigt. Wenn alle Stricke reißen, gibt es noch die Möglichkeit der Privatinsolvenz. „Das hört sich schlimmer an, als es ist“, sagt Andrea Grondstein, Juristin und Schuldnerberaterin bei der Verbraucherzentrale.
Den Menschen bleibe ein pfändungsfreier Betrag von mindestens 1029 Euro, alles was darüber hinausgeht verteilt ein Treuhänder an die Gläubiger. Nach sechs Jahren ist die Schuld juristisch beglichen, auch wenn die eigentliche Summe höher war. „Das ist ein Schritt, der sich lohnt. Nur müssen die Betroffenen auch zu uns kommen“, sagt Grondstein.