Essen.. Das Bild in Essen zeigt sich unterschiedlich. Die Zahl der Privatinsolvenzen hat im vergangenen Jahr weiter zugenommen. 1049 Essener mussten den Gang zum Amtsgericht antreten. Dagegen nahmen die Unternehmenspleiten ab. Die Warteliste bei der hiesigen Verbraucherzentrale ist lang.

Beim Amtsgericht Essen haben im vergangenen Jahr fast 1500 Privatleute und Unternehmen Insolvenz angemeldet. Dies entspricht laut dem Statistischen Landesamt (IT.NRW) in der Summe einem leichten Rückgang von 0,9 Prozent gegenüber 2011. Sie häuften insgesamt einen Schuldenberg von etwa 483 Millionen Euro an. 1542 Beschäftigte waren von einer Unternehmensinsolvenz betroffen.

Meist aber schlitterten Privatleute in die Insolvenz. Mit 1049 Fällen gab es einen Anstieg von 0,6 Prozent gegenüber 2011. Damit nahmen die Verbraucherinsolvenzen in Essen gegen den landesweiten Trend (- 0,3 Prozent) weiter zu.

Deutlich mehr Gläubiger pro Fall

Gründe, warum viele Essener ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, sind häufig Arbeitslosigkeit oder ein sinkendes Einkommen. Auch Altersarmut spielt eine immer größere Rolle. Die steigenden Energiepreise seien dann oft noch der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, meint Berater Bernhard Paul von der Schuldnerhilfe. Auffällig: Viele Betroffene haben heute deutlich mehr Gläubiger als noch vor zehn Jahren. Waren es früher pro Fall zehn bis 15 Gläubiger, sind es heute bis zu 60. Für Paul ein Indiz dafür, dass das Internet deutlich einfachere Bestellmöglichkeiten bietet. Viele Einkäufer verlören im Netz den Überblick.

Die Sorgen der Zahlungsunfähigen bekommen auch die Berater bei der Verbraucherzentrale in Essen zu spüren: „Die seit Jahren hohe Nachfrage zeigt uns, wie groß der Beratungsbedarf ist“, sagt Andrea Grondstein, zuständig für Schuldner- und Insolvenzberatung. Die Mitarbeiter der Verbraucherzentrale beschäftigen sich seit langem mit mehreren hundert Fällen pro Jahr. Schuldner, die eine Insolvenzbegleitung brauchen, um wieder schuldenfrei zu werden, werden bei der Verbraucherzentrale zunächst auf eine lange Warteliste gesetzt.

Weniger Unternehmensinsolvenzen

Die wachsende Zahl von Verbraucherpleiten in Essen passt auch zu den Ergebnissen des Schuldneratlas’, den die Auskunftei Creditreform vor wenigen Wochen vorgestellt hatte. Demnach war die Schuldnerquote in Essen im vorigen Jahr auf 12,69 Prozent (2011: 12,08 Prozent) gestiegen.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Essen hingegen ist rückläufig – mit 374 Firmenpleiten sank die Zahl im vergangenen Jahr um 6,7 Prozent. Im Vorjahr gab es 401 zahlungsunfähige Unternehmen. Am häufigsten von der Insolvenz betroffen: Handel (76 Fälle), Baugewerbe (65) und Gastgewerbe (45).

Gut 38.000 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens

„Die rückläufige Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist ein Spiegel für die gute wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, die auch deutlich wird, wenn wir die Gesamtdatenlage betrachten“, sagt Claudia Peters von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft EWG. Gerade erst habe ein aktueller Großstadtvergleich gezeigt, dass Essen momentan viele andere deutsche Städte in Sachen Wirtschaftswachstum und Bruttowertschöpfung pro Kopf hinter sich lasse.

Landesweit sind an den Amtsgerichten im vergangenen Jahr 38.116 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt worden, 47.114 Beschäftigte waren davon betroffen. Die Gläubiger in NRW forderten knapp 19 Milliarden Euro von den insolventen Unternehmen und Privatleuten – 2011 waren es 8,9 Milliarden Euro.