Duisburg/Essen. . Besonders in den Naturwissenschaften sind die durchschnittlichen Abschlussnoten fast immer im „guten“ oder „sehr guten“ Bereich. Der hohe Leistungsstandard sorge dafür, dass nur wirklich begabte Studenten überhaupt bis zum Abschluss kämen. Deshalb schließen die ihr Studium dann auch besonders gut ab, erklärt die Uni Duisburg-Essen.
Schon dem Namen nach soll die Universität ein Ort der Freiheit sein: eine grenzenlose Bildungswelt, in der von Altorientalistik bis Zoologie alles seinen Platz hat, in der Wissbegierige ein möglichst umfassendes Angebot bekommen. Dass an den Hochschulen allerdings auch in Sachen Notenvergabe grenzenlose Freiheiten Einzug gehalten haben, rief jüngst den Wissenschaftsrat auf den Plan. Er fordert mehr Transparenz.
Während bei den Juristen, die bekanntermaßen eine ganz eigene Notentradition pflegen, im Jahr 2010 nur sieben Prozent der Studenten die Uni mit gutem oder sehr gutem Abschluss verließen, waren Spitzennoten in den Naturwissenschaften die absolute Regel. Auch an der Universität Duisburg-Essen ist die Quote der glänzenden Zeugnisse in manchem Fach beachtlich.
In Mathematik 96 Prozentmit „gut“ oder „sehr gut“
In Mathematik lag der Wert zuletzt bei 96 Prozent. Die Uni versichert sogleich, „dass man sich nach wie vor für einen guten Abschluss enorm anstrengen muss“. Außerdem gebe es hier keinen Trend zu immer besseren Noten, wie ihn der Wissenschaftsrat feststellte. Die Zahl der Studenten, die die deutschen Hochschulen mit gutem oder sehr gutem Abschluss verlassen, ist demnach in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen und liegt nun bei etwa 77 Prozent. „Das stimmt für uns nicht“, so Beate Kostka von der Uni Duisburg-Essen. Die Mathematik sei das einzige der in den Fokus geratenen Fächer, in der die Einser und Zweier zugenommen haben. Das stimmt, allerdings lag das Niveau dort ebenso wie in anderen Fächern auch 2005 schon vergleichsweise hoch (siehe Infokasten).
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Woher rührt der Zensurensegen? Sind die Dozenten in ihrem Urteil zu wenig konsequent? Welche Folgen hat das für den Wissenschaftsbetrieb? „Das ist bei uns durchaus Thema“, sagt Prof. Dr. Georg Hein, Studiendekan für Mathematik am Essener Campus. Das Stirnrunzeln über die Notenvergabe kann er nachvollziehen, für die hohe Zahl exzellenter Abschlüsse in seinem Fach hat er dennoch eine Erklärung: Durch die erheblichen Anforderungen seien diejenigen, die es bis zum Ende schaffen, eben durch die Bank überdurchschnittlich fit. Hein unterrichtet derzeit Lineare Algebra im ersten Semester. Der Kurs ist gefürchtet, 50 Prozent fallen durch. „Das ist eine hohe Hürde, die muss man erstmal überspringen.“ Überhaupt gebe es im Mathematik-Studium eine hohe Abbrecherquote. „Wer es aber schafft, wer eine mathematische Denkweise hat, der macht auch einen guten Abschluss.“
Was ändert sich durch Bachelor und Master?
Ähnlich argumentiert Dr. Christian Johannes, Prodekan für Studium, Lehre und Weiterbildung bei den Biologen. Hier gingen 2010 immerhin 84 Prozent der Absolventen mit einem guten oder sehr guten Abschluss nach Hause, 2005 waren es sogar noch 97 Prozent. „Biologie war schon immer ein zulassungsbeschränkter Studiengang mit einem harten Numerus Clausus.“ Mit dem Vordiplom oder der Zwischenprüfung folge der nächste Prüfstein, übrig blieben nun mal die besonders leistungsstarken Studenten. Die beinah flächendeckende Versorgung mit Spitzennoten stimmt den Dozenten dennoch sehr nachdenklich. „Das benachteiligt die guten Studenten. Jemand, der besonders gute Leistungen bringt, sollte auch eine besonders gute Note bekommen.“
Zensuren sind schwer vergleichbar
Unklar ist, wie der Wechsel zum Bachelor- und Master-System das Spiel auf der Noten-Klaviatur beeinflussen wird. In die jetzige Erhebung des Wissenschaftsrates flossen diese Abschlüsse nur zu einem Drittel ein. Einerseits, räsoniert mancher, könne die Umstellung zu mehr Ausgewogenheit führen, weil im Lauf des Studiums viele kleine Prüfungen anstehen statt wie in den meisten alten Studiengängen nur ein großer Prüfungsblock am Ende. Andererseits hat man mit dem System eine weitere Hürde eingezogen: Wer nach dem Bachelor- ins Masterstudium aufgenommen wird, darüber entscheidet die Note. An dieser Stelle schwant nach den Arbeitgebern nun auch den Universitäten selbst, wie schwer vergleichbar ihre Zensuren sind.