Essen. 141 Züge sind ausgefallen, 3254 Minuten Verspätung aufgelaufen: Wegen einer verdächtigen Tasche, deren Inhalt sich als harmlos herausstellte, war der Essener Hauptbahnhof vier Stunden lang gesperrt. Die Bundespolizei sagt: “Die Sicherheit der Reisenden ist das höchste Gut.“
Ein Taschenmesser, eine Schere, ein paar Plastikstifte: Gefährlicheres war nicht in der herrenlosen Tasche, die am Mittwochabend für eine vierstündige Sperrung des Essener Hauptbahnhofes sorgte. "Die Sicherheit der Reisenden ist das höchste Gut", stellt Jürgen Karlisch, Sprecher der zuständigen Bundespolizei-Inspektion Dortmund, fest. Und wenn die nur in Gefahr sein könnte, wird eben auch ein Verkehrsknotenpunkt dicht gemacht.
Ein Polizist auf dem Weg zum Dienst hatte die Tasche auf dem Bahnsteig 4/6 entdeckt. Weil die Sprengstoff-Experten der Bundespolizei auch mit dem Röntgenbild der Tasche nicht ausschließen konnten, dass der Inhalt der Tasche explosiv ist, sollte sie mit einem konzentrierten Wasserstrahl unschädlich geschossen werden. Dafür sei der Hauptbahnhof um 19.04 Uhr komplett für den Bahnverkehr gesperrt worden, erklärt Karlisch.
141 Züge fielen wegen Bombenalarm am Hauptbahnhof Essen aus
Die Sperrung hatte weit reichende Folgen: 141 Züge fielen komplett aus, 45 Züge - hauptsächlich S-Bahnen - werden als "Teilausfall" gewertet, weil sie an einem früheren Bahnhof wendeten. Weitere 40 Züge wurden umgeleitet. Alles in allem, rechnet die Bahn zusammen, sind durch den Einsatz in Essen 3254 Minuten Verspätung entstanden - und das, obwohl von 21.48 Uhr bis 23 Uhr nur noch die Gleise 4, 5 und 6 gesperrt waren.
Am Nachmittag hatte es schon einen Einsatz auf dem Vorplatz des Düsseldorfer Hauptbahnhofes gegeben. Dort war ein Koffer entdeckt worden, der sich niemandem zuordnen ließ. "Die Aufmerksamkeit der Reisenden ist im Schatten von Ereignissen wie in Bonn erhöht", sagt Jürgen Karlisch mit Blick auf die Tasche mit explosivem Inhalt, die am Montag am Bonner Hauptbahnhof gefunden worden war. Das sei auch völlig in Ordnung so. In einem solchen Fall versuche die Bundespolizei erstmal, den Besitzer des Gepäckstücks ausfindig zu machen. Gelinge das nicht, bewerteten die Experten, wie wahrscheinlich eine Gefährdung sei; nicht für "jede Plastiktüte", die jemand vergessen hat, werde ein Bahnhof gesperrt.
Bomben-Verdacht in Essen
Nach Bomben-Alarm immer wieder Trittbrettfahrer
"Man hat natürlich auch schwarze Schafe", sagt Bundespolizei-Sprecher Karlisch, Trittbrettfahrer, die sich an der Angst der Reisenden weideten. Wer erwischt werde, müsse mit Strafe rechnen, selbst bei "extremer Fahrlässigkeit" könne die Bahn versuchen, die "ganz enormen Kosten" eines solchen Einsatzes zumindest teilweise zurückzubekommen.
NRW im "Zielspektrum terroristischer Täter"
Die Einsätze in Essen und Düsseldorf zeigen Wofgang Beus, Sprecher des Innenministeriums NRW, eins: "Die Menschen reagieren sensibel - was ja gut ist." Auch Beus meint, dass der Sprengsatz vom Bonner Hauptbahnhof, der als "Anschlagsversuch" gewertet werden müsse, die Menschen aufmerksamer mache. Und will auch nicht kritisieren, dass Passanten herrenlose Taschen der Polizei melden. "Man muss wachsam sein - aber nicht furchtsam", sagt Beus.
Auch wenn die Hintergründe der Tat in Bonn noch nicht geklärt sind: Dass Deutschland - "und auch Nordrhein-Westfalen" im Zielspektrum "auch von terroristischen Tätern" sei, sei keine neue Entwicklung, erinnert Beus. Es handele sich allerdings um eine sogenannte "abstrakte Gefährdung", es gebe also keine konkreten Hinweise auf geplante Anschläge oder Anschlagsziele.