Essen/Bonn. Eine herrenlose Reisetasche auf Bahnsteig 4 des Hauptbahnhofs machte Passanten und Polizei nervös. Am Abend sprengten LKA-Experten die Tasche, der Inhalt war harmlos. Im Fall der Bonner Bombe wird weiterhin nach zwei Männern gefahndet.
Nach dem Bombenfund am Bonner Bahnhof sind Fahrgäste und Sicherheitskräfte nervös: Am Mittwochabend wurde der Essener Hauptbahnhof gesperrt, nachdem dort ein herrenloses Gepäckstück gefunden wurde. Es handelte sich um eine grüne Sporttasche.
Zunächst war völlig unklar, ob der Fund gefährlich war. Die Sperrung der Gleise sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Sprengstoffexperten waren vor Ort und untersuchten die verdächtige Tasche auf dem Bahnsteig. Gegen 21 Uhr zerstörten Experten des Landeskriminalamtes das Gepäckstück; Metalldetektoren hatten zuvor angeschlagen. Unmittelbar danach erklärte Polizeisprecher Peter Elke, es sei nicht von einem Anschlag auszugehen. „Nach bisherigen Feststellungen handelt es sich nicht um eine scharfe Bombe.“
Auf Nummer sicher
Elke sagte aber auch, bei der Tasche handelte es sich um „kein normales Reisegepäck“, der Inhalt sei „nicht reisetypisch“ gewesen. Ob es sich möglicherweise um einen Vorfall mit ernsten Hintergrund handelt, oder ob sich jemand nur einen üblen Scherz erlaubt hat , blieb bis zum Abend offen. Nach dem Bombenfund vom Vortag in Bonn gilt für die Polizeibehörden um so mehr: Sicherheit für die Fahrgäste zuerst.
Aus diesem Grunde wurden am Essener Hauptbahnhof sämtliche Aufgänge gesperrt, viele hundert Reisende drängten sich in der Bahnhofshalle. Der Zugverkehr wurde erheblich gestört, es gab zahlreiche Verspätungen und Ausfälle. Viele Züge wurden über Gelsenkirchen umgeleitet. Erst ab 21.25 rollten wieder die ersten Züge.
„Bahnhof gesperrt.Zur Zeit kein Zugverkehr“ war bis dahin auf der großen Anzeigentafel in der Bahnhofshalle, die trotz des Alarms geöffnet blieb, zu lesen. Wann es weitergeht? Einen Vater mit drei kleinen Kindern musste die Polizei vertrösten: „Das kann noch Stunden dauern“.
Auch Jessica Zkuta wartete vergebens auf ihren Zug. Ihren 21. Geburtstag hatte die junge Frau aus Dortmund sich ganz anders vorgestellt. „Ein bisschen mulmig ist mir schon“, sagte sie. Aber auch morgen werde sie wieder mit dem Zug zur Arbeit fahren.
Peter und Brigitte Janas aus Düsseldorf waren für einen Abstecher auf den Weihnachtsmarkt auf dem Kennedyplatz nach Essen gereist, wollten mit der S-Bahn oder dem Regionalexpress zurück. „Langsam nimmt so was Überhand“, kommentierte Peter Janas den abendlichen Alarm. Züge und Bahnhöfe will das Ehepaar in den nächsten Tagen erst einmal meiden. Sicher ist sicher. Derweil freuten sich die Taxifahrer am Bahnhof über eine vorweihnachtliche Bescherung; ihr Geschäft lief blendend. Auch im Schnellrestaurant am Bahnhofseingang herrschte Gedränge. Zurück blieben am Abend eine zerfetzte Reisetasche an Gleis 6 und jede Menge offene Fragen.
Die Chronik der Ereignisse
Zweiter Verdächtiger gesucht
Bei den Ermittlungen zu der im Bonner Hauptbahnhof abgestellten Bombe gibt es inzwischen Hinweise auf einen zweiten Tatverdächtigen. Neben dem bereits zur Fahndung ausgeschriebenen dunkelhäutigen Mann werde nun auch nach einem hellhäutigen Mann gefahndet, so die Kölner Polizei. Der hellhäutige Mann ist auf der Videoaufzeichnung eines Schnellimbisses mit Tasche zu sehen. Möglicherweise habe der Mann die Tasche dann auch auf dem Bahngleis 1 abgestellt, hieß es.
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Nach Angaben des leitenden Ermittlers Norbert Wagner hatte der in einer Reisetasche versteckte Sprengsatz eine „beachtliche Sprengkraft“. Bei einer Explosion hätte es einen „recht großen und recht gefährlichen Feuerball“ geben können.
Zugleich bestritt Wagner Medienangaben, wonach die Bombe bei einer Explosion ebenso zerstörerisch gewesen wäre wie die Sprengsätze von 2004 in Madrid. Der entdeckte Sprengstoff betrage nicht einmal zehn Prozent jener Menge, die in Madrid verwendet wurde.
Terrorexperte: „Islamistischer Terror“ nicht bestätigt
Am Montag war auf einem Bahnsteig am Bonner Hauptbahnhof die Tasche mit dem Sprengsatz gefunden worden. Mit einem Wassergewehr wurde der Sprengsatz unschädlich gemacht. Am Mittwoch erklärte Generalbundesanwalt Harald Range in Karlsruhe, für einen terroristischen Hintergrund gebe es bislang keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der Leiter der Abteilung Terrorismusbekämpfung bei der Bundesanwaltschaft, Rainer Griesbaum, erklärte, ein „anfänglicher Ermittlungsansatz in Richtung islamistischer Terrorismus“ habe sich zerschlagen.