Karlsruhe. Der am Bonner Hauptbahnhof abgestellte Sprengsatz war nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft „höchst gefährlich“. Bislang gebe es aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund, sagte Generalbundesanwalt Range. Die Polizei sucht jetzt nach zwei Verdächtigen.
Die Menschen am Bonner Hauptbahnhof sind in dieser Woche dank der Entdeckung einer Bombentasche möglicherweise einer Katastrophe entgangen. „Es war ein höchstgefährlicher Sprengsatz“, sagte der für Terrorismus zuständige Bundesanwalt Rainer Griesbaum am Mittwoch in Karlsruhe. Damit sei zwar ein Kriterium für einen terroristischen Hintergrund der Tat erfüllt. Doch sei unklar, ob der Täter ein Gewaltkrimineller sei oder aus politischen Motiven gehandelt habe.
Der erste Verdacht, es handele sich um einen islamistischen Terroristen, habe sich nicht bestätigt. „Mit einem Wort: Alles ist offen“, sagte Griesbaum. Auch die Kölner Polizei erklärte, es werde weiter in alle Richtungen ermittelt.
Fahndung nach hellhäutigem Mann aus McDonald's-Filiale
Die Ermittler suchen neben einem dunkelhäutigen Mann nun auch einen hellhäutigen. Dieser ist auf Videoaufnahmen aus einer McDonald's-Filiale an Gleis 1 zu sehen und gilt als Tatverdächtiger. Wagner berichtete, dass dieser Mann die Tasche mit dem Sprengsatz zwei wartenden Jugendlichen auf dem Bahnsteig geradezu vor die Füße geschoben habe. Welche Rolle er in dem Fall spiele, sei völlig unklar.
Da ein terroristischer Hintergrund nicht erwiesen ist, hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen nicht an sich gezogen. Doch stehen die Karlsruher Ermittler im engen Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Bonn und Beamten des Bundeskriminalamtes in Köln.
Generalbundesanwalt Harald Range sagte, sobald sich zureichende Anhaltspunkte dafür ergäben, werde seine Behörde das Verfahren übernehmen. Griesbaum erklärte, in der von Jugendlichen gefundenen Sporttasche habe sich ein mit Ammoniumnitrat gefülltes Metallrohr befunden. Die Substanz wird in Dünger verwendet, kann aber auch als Sprengstoff genutzt werden. Um das Rohr seien vier Butangas-Kartuschen befestigt gewesen, und es habe eine Zündvorrichtung mit einem batteriebetriebenen Wecker gegeben. Ein Zünder sei jedoch nicht gefunden worden. Über die Sprengkraft machte Griesbaum keine Angaben. Die Onlineausgabe der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete unter Berufung auf Behördenkreise, die Bombe sei so stark wie bei den Anschlägen auf Pendlerzüge in Madrid im Jahr 2004 gewesen.
Zwei zuerst verdächtigte Männer wieder auf freiem Fuß
Ein erster Verdacht gegen zwei Männer hatte sich am Dienstag nach Angaben der Polizei nicht erhärtet. Die beiden wurden nach der Ergreifung wieder freigelassen. Medien hatten berichtet, bei einem der beiden Männer habe es um den Salafisten Omar D. gehandelt, der 2008 auf dem Flughafen Köln/Bonn unter dem Verdacht festgenommen worden war, in den sogenannten Heiligen Krieg ziehen zu wollen. Sein Anwalt Mutlu Günal bestätigte, dass sein Mandant in Gewahrsam genommen worden sei, machte zum Tatvorwurf jedoch keine Angaben. Er kritisierte das Vorgehen der Polizei. "Die Polizei mag mal erklären, woher dieser Tatverdacht kam", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Einfach mal einen Unschuldigen festnehmen, das ist nicht so schön."
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Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) warnte unterdessen vor "medialen Schnellschüssen". Natürlich fühle man sich auf Anhieb an die "Kofferbomber" von 2006 erinnert, sagte der stellvertretende BDK-Bundesvorsitzende Bernd Carstensen . Diese hatten in Nordrhein-Westfalen in zwei Regionalzügen Kofferbomben deponiert, die wegen eines falschen Gasgemischs jedoch nicht explodiert waren. "Das ist zulässig, dass man so eine Interpretation hat, aber es gehört auch eine Bremse hinein."
Der Alarm wurde am Montag wegen einer in dem Bahnhof deponierten Tasche ausgelöst. Ein Mann hatte diese nach Darstellung von Bundesanwalt Griesbaum vor zwei auf einer Bank sitzenden Jugendlichen abgestellt. Der Verdächtige sah sich demnach beim Weggehen mehrmals nach der Tasche um, so dass die Jungen misstrauisch wurden. Die Behörden schrieben nach den Hinweisen des 14-jährigen Schülers einen Mann zur Fahndung aus. Der Schüler berichtete den Ermittlern zufolge, dass ein dunkelhäutiger Mann die Tasche abgestellt habe. Der Schüler habe diesen als 30 bis 35 Jahre alt und etwa 190 Zentimeter groß beschrieben. (dpa/rtr/dapd)