Essen. Wie in einer Gerichtssendung im Fernsehen haben sich Angeklagte und Zeugen im Essener Amtsgericht verhalten. Verhandelt wurde dort der brutalen Angriff auf eine junge Frau. Auch sie musste das Gericht zur Ruhe rufen.

So oft müssen Richter gar nicht laut werden. Bis sie auf eine zum Glück seltene Ballung von Zeugen und Angeklagten stoßen, die Gerichtsshows im Fernsehen für Realität halten und sich entsprechend benehmen. Dann muss auch ein sonst ruhig verhandelnder Vorsitzer wie der Essener Amtsrichter Emmerich Zellhorn laut werden.

Gewalt in der Beziehung

Vordergründig geht es um Gewalt in einer Beziehung, um den brutalen Angriff auf eine Frau. Schöne junge Menschen sind es, mit denen das Gericht sich auseinandersetzen muss. Der Angeklagte ist 27 Jahre alt. Er soll seine frühere Freundin, eine 33-Jährige, übel malträtiert haben. In ihrer Rüttenscheider Wohnung soll er ihr am 8. April 2011 einen Ascher auf den Kopf und eine Faust ins Gesicht geschlagen haben. Danach, so steht es in der Anklage, soll er sie heftig gewürgt haben.

Angeklagter bestreitet Vorwurf

So weit der Vorwurf, den der Angeklagte bestreitet. Ja, er sei am 8. April bei ihr gewesen, da sei sie aber schon verletzt worden. Und dann holt der Mann mit den vollen, schwarzen gewellten Haaren aus: Sie hätte erzählt, dass ihr das Jungs in Bottrop angetan hätten. Die hätten ihr vorher auch 20.000 Euro gestohlen.

Er ist nicht zu stoppen: „Sie hat jeden Tag ein Problem.“ Sie sei total aggressiv, paranoid und sehr eifersüchtig. Richter Zellhorn versucht, ihn auf den Kernvorwurf zu beschränken. Aber das entspricht nicht der Absicht des Angeklagten. „Sie ist krank“, ruft er laut, „manchmal zeigt sie mich fünf Mal am Tag an“.

Späte Entschuldigung

Wenn Zellhorn fragt, spricht er weiter. Zellhorn wird lauter. Verteidiger Lindemann hilft dem Richter. „Sei still“, herrscht er den Mandanten an. Es nutzt nichts. Zellhorn greift zum Äußersten: „Sie haben keine Manieren, Sie sind schrecklich.“ Erst da entschuldigt der Angeklagte sich.

Ex-Freundin tritt als Zeugin und Nebenklägerin auf

Wer glaubt, die Ex-Freundin, die als Zeugin und Nebenklägerin auftritt, sei die arme, unterdrückte Frau, der irrt sich. Auch sie redet ungebremst. Antwortet auf Fragen des Richters schon nach seinen ersten drei Worten. Entsprechend logisch sind die Antworten. Immerhin: Sie bleibt bei den Vorwürfen und räumt ein, damals drogensüchtig gewesen zu sein. Beklaut hätte er sie auch oft. Angesichts der von ihr angegebenen Luxusgüter, wundert der Richter sich über ihr Vermögen. Der Vater ihres Kindes sei Chefarztsohn, sagt sie, und er alimentiere sie gut.

Immer wieder ruft Zellhorn auch sie zur Ruhe, diesmal attestiert Opferanwalt Kavak, der ein ums andere Mal „Ruhe!“ zischt. Zum Urteil kommt Zellhorn nicht. Er muss weitere Zeugen hören.