Essen. . 61 % der Essener glauben, der Bevölkerungsschwund lasse sich nicht mehr stoppen. Aktuelle Zahlen widerlegen das – aber sind sie belastbar? Dass am Ende mit etwas Glück ein Plus bei den Einwohnern steht, dürfte die meisten Einheimischen überraschen.

Essens Bevölkerung schrumpft, heißt es immer wieder, und zwar mit gehörigem Tempo. Aber dann fällt der Blick auf diese Zahl, die sie vor ein paar Tagen ins städtische Internet-Portal eingepflegt haben: 570.725 Einwohner mit Hauptwohnsitz zum 30. September – sind das nicht einige hundert mehr als in den Quartalen zuvor? Ist etwa der Umkehrtrend geschafft und das CDU-Motto von der „wachsenden Stadt“ mehr als nur ein frommer Wunsch?

Barbara Erbslöh versteht die Begeisterung, aber ihr Job ist es, diese ein wenig zu bremsen: Denn das Ende des dritten Quartals, oder überhaupt der Monat Oktober, bescherte auch in so manchem Vorjahr ein kleines Zwischenhoch bei den ersten Wohnsitzen, und die Leiterin des Amtes für Statistik, Stadtforschung und Wahlen hat dafür eine simple Erklärung: Das Wintersemester hat begonnen, die Studenten drängen an die Uni – diesmal mehr als üblich, weil schon eine erkleckliche Zahl von Schulen doppelte Abi-Jahrgänge entlassen haben.

Und darum empfiehlt es sich wohl, den Jubel über eine Umkehr des Schrumpfungsprozesses noch etwas zurückzuhalten: „Lassen Sie uns erst mal abwarten, ob die Zahlen zum Jahresende auch noch höher liegen“, mahnt Erbslöh, obwohl: „Auszuschließen ist das nicht.“ Denn der Wanderungssaldo fiel zuletzt positiv aus, es ziehen also mehr Menschen nach Essen als aus Essen weg.

Plus bei den Einwohnern

Dass am Ende mit etwas Glück ein Plus bei den Einwohnern steht, dürfte die meisten Einheimischen überraschen, denn im Rahmen des repräsentativen NRZ-Bürgerbarometers waren sie eher pessimistisch gestimmt: „Essens Bevölkerung ist in den vergangenen 50 Jahren um ein Viertel geschrumpft. Glauben Sie, dass sich dieser Trend noch umkehren lässt?“ – So hatten wir gefragt und bei 61 Prozent der 521 Befragten ein (sehr) deutliches Kopfschütteln geerntet. Nur zwölf Prozent meinten, klar, diese Entwicklung lasse sich korrigieren.

Und wenn überhaupt, mit welchen Maßnahmen könnte man den Abwärtstrend bei den Einwohnerzahlen wohl umkehren? Jedem Zweiten fallen da „attraktive Wohngebiete“ ein, die es zu entwickeln gelte, nahezu genauso viele denken an einen deutlichen Ausbau von Plätzen zur Kinderbetreuung. Nicht vorgegeben hatten wir die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu nennen. Diese werden aber von vielen Befragten zusätzlich angeführt, obwohl die Pendlerstatistik lehrt: Es pendeln täglich 42.580 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr rein nach Essen als raus in andere Städte. Haben sie hier nur kein attraktives Zuhause gefunden? Die Statistik wird’s zeigen. Im Januar wissen wir mehr.