Essen. . In Essen sollen neue Kitas auf den Schulhöfen entstehen. Der Schuldezernent hält das für eine pädagogisch wertvolle Idee, die betroffenen Einrichtungen sind aber nicht unbedingt begeistert. Essen peilt eine Versorgerquote von 40 Prozent bis 2015/16 an.
Der Ausbau der Kinderbetreuung stellt Essen nicht nur vor finanzielle und personelle Herausforderungen – es fehlt auch an Grundstücken und Immobilien. Bis 2015/16 sollen 180 neue Kita-Gruppen mit 3100 Plätzen entstehen. Die Stadt will nun verstärkt Kitas auf die Gelände von Grundschulen bauen. Der zuständige Dezernent Peter Renzel spricht von einer pädagogisch wertvollen Idee, doch nicht alle Schulen nehmen die Verkleinerung ihrer Freiflächen einfach hin.
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An der Theodor-Heuss-Schule in Bergerhausen etwa sorgte die Nachricht, dass auf dem Schulhof ein Kindergarten untergebracht werden könnte, jetzt für Unruhe. Neben der Schule mit ihren gut 200 Schülern würde demnach eine Kita mit 70 Plätzen entstehen. „Wir wissen, dass wir ein großes Gelände haben, dennoch wollen wird das abwenden“, sagt die Vorsitzende der Schulpflegschaft, Heike Donath.
Das Bewegungs- und Naturkonzept der Grundschule würde durch einen Neubau beeinträchtigt: „Schaukel, Tartanbahn und Teich müssten weg, der Schulgarten wohl auch.“ Was Schüler, Eltern und Lehrer in jahrelanger Arbeit gestaltet und auch mit Spenden und Sponsorengeldern finanziert haben, ginge verloren. „Und das hier ist eine der letzten Grünflächen im Stadtteil.“ Tatsächlich wird der Schulhof auch als Spielplatz genutzt. Schulleiterin Cornelia Kaitinnis-Lenz sagt darum: „Wir brauchen zumindest eine Garantie für Biotop und Baumbestand.“
Ein Veto-Recht gibt es nicht
Schuldezernent Peter Renzel hält dagegen: „Wenn Kinder vom ersten bis zum zehnten Lebensjahr an einem Standort zusammenlernen, ist das auch eine Chance. Zumal den Kleinen der Übergang in die Schule erleichtert wird.“ Im übrigen lasse der Ausbau der Kinderbetreuung wenig Spielraum: „Es gibt in der Stadt kaum noch geeignete Grundstücke.“
160 Standorte habe die städtische Immobilienwirtschaft geprüft; in einer ersten Staffel für das laufende Kindergartenjahr habe man vor allem bestehende Kitas ausgebaut. Die zweite Staffel, die 2013/14 an den Start gehen soll, umfasst bereits einige Schulen. „Und alle Schulkonferenzen haben zugestimmt.“
Freilich knüpfte manche Schule ihre Zustimmung an Bedingungen. So gibt es am Ruhr-Kolleg in Huttrop zwar schon eine Kita, vor deren Erweiterung wünschte sich die Schule allerdings Lärmschutzfenster und eine Ausweichfläche für den Hausmeister. So steht es im Protokoll der September-Sitzung der Bezirksvertretung I.
Dort wurde auch beklagt, die Schule habe „nur zufällig“ von den Plänen erfahren: Der Schulausschuss sei gar nicht befasst worden. Das, sagt Renzel, werde sich mit der dritten Staffel, zu der die Theodor-Heuss-Schule gehört ändern: „Das geht in den Schulausschuss, und wir hören uns auch alle Einwände an.“ Ein Veto-Recht haben die Schulen aber nicht.
Renzel betont: „Der Rat entscheidet, und ich bin mal gespannt, wie der reagiert, wenn sich die Eltern von Grundschülern gegen Eltern von Kleinkindern stellen.“
„Diese Aufgabe wird nie erledigt sein“
Es ist eine Mammutaufgabe, und Bildungsdezernent Peter Renzel weiß, dass sie nie erledigt sein wird: Ab 2013 haben auch Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung in einer Kita oder bei einer Tagesmutter. Der Gesetzgeber sagt, dass dem mit einer Versorgungsquote von 35 Prozent Genüge getan ist, die Stadt Essen peilt 40 Prozent bis 2015/16 an.
„Bis dahin schaffen wir 3100 neue Kita-Plätze – doch das wird nicht reichen“, sagt Renzel. Erfahrungsgemäß wachse der Betreuungsbedarf der Eltern stetig: Wenn diese auf ihren Rechtsanspruch pochten, könne man sich nicht auf Quoten oder Richtwerte zurückziehen.
Für die Stadt bedeutet das eine Kraftanstrengung: Bisher betreibt sie nur 21,4 Prozent der Kitas selbst, den Großteil der Plätze stellen freie Träger und Kirchen. Selbst wenn die Stadt nur ihren Anteil halten wollte, müsste sie 35 der 180 neuen Kita-Gruppen schaffen. Darum wurde die stadteigene Immobilienwirtschaft beauftragt, geeignete Standorte zu finden. Dort seufzt man: „Das ist ein Riesenthema, an dem wir seit zwei Jahren mit Hochdruck arbeiten.“