Essen. Die Fassade ist raffiniert, der Lesesaal edel: In Essen ist jetzt die neue Folkwang-Bibliothek eröffnet worden. Mit dem 7,4 Millionen Euro-Bauwerk im Stadtteil Werden hat die bedeutendste musikwissenschaftliche Sammlung des Landes NRW erstmals ein eigenes Domizil bekommen.
Es war der offizielle Festakt, geladene Gäste in schwarzen Anzügen, feierliche Worte des Lobes, eins nach dem anderen. Es sprach gerade Armin Lövenich vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, da spielte das neue Gebäude erstmals seine Stärke aus. Denn draußen fing es an zu regnen.
Ein sanftes Klopfen kam von der Decke, es erinnerte ein bisschen an Zelt-Urlaub. Und 20 Minuten später spielte das neue Gebäude eine weitere Stärke aus, es sprach gerade Prof. Dr. Andreas Jacob über das Wesen einer Bibliothek. Kluge, gewitzte Ausführungen, intellektuell sehr anregend, aber dann kam draußen die Sonne durch und tauchte den Raum in goldenes Licht. Nicht so, dass es blendete. Nein, so, dass es gerade angenehm war. Dagegen verblasst ein jedes Wort.
Raffinierte Fassade
„Transluzid“ heißt das Stichwort. Teilweise lichtdurchlässig. „Der Baukörper bricht spielerisch die Grenzen von Innen und Außen auf“, beschreibt das Büro des Zürcher Architekten Max Dudler diesen Effekt. Dudler hat diese neue Bibliothek auf dem Campus der Folkwang Universität der Künste gebaut. Und sein Satz vom Spiel mit Innen und Außen – man konnte schon bei der Einweihung verstehen, nein: spüren, was das ist.
7,4 Millionen Euro hat der Bau gekostet, 2,45 Millionen davon bezahlt die Krupp-Stiftung. Es ist mit Sicherheit die schönste Bibliothek auf Essener Stadtgebiet, und das liegt nicht nur an der raffinierten Fassade, die bedruckt ist mit Foto-Motiven eines Steinbruchs bei Regensburg. So, dass man beim Betrachten des Hauses von außen erst nicht weiß, was ist: Glas oder Stein oder beides? Es ist: Glas.
Innen, im Lesesaal, dominiert das Holz kanadischer Schwarzkirsche, „es ist ein Holz, das in Würde altert, ohne seine Modernität zu verlieren“, sagt der Architekt.
Einziger reine Bibliotheks-Bau in Essen
Was kann man sagen angesichts einer so eindrucksvollen Architektur? Folkwang-Rektor Kurt Mehnert fand die richtigen Worte: „Es ist der beste Neubau, den wir uns vorstellen können.“ Und Mehnert erinnerte an seinen Vorgänger Martin Pfeffer, der 2008 verstorben ist, er hatte das Projekt angestoßen.
Thomas Kempf von der Krupp-Stiftung erinnerte daran, dass dieser Neubau der einzige reine Bibliotheks-Bau auf Essener Stadtgebiet ist, und Staatssekretär Helmut Dockter vom Wissenschaftsministerium NRW erläuterte die Funktion der neuen Bibliothek: Es handele sich um die wichtigste musikwissenschaftliche Sammlung in NRW, wenn nicht in Deutschland.
190 000 Medien-Einheiten
Erstmals zusammengeführt worden sind die Bestände der Folkwang Universität der Künste, auch die berühmte Schallplatten-Sammlung von Alfried Krupp ist hier (5000 Jazz- und Klassik-LPs), der musikpädagogische Bestand der Uni Duisburg-Essen sowie die musikwissenschaftliche Sammlung der Ruhr-Uni Bochum. Insgesamt: 190 000 Medien-Einheiten.
Es gibt einen zentralen Lesesaal, es gibt 14 Computer-Arbeitsplätze und sechs Medienkabinen für Video- oder DVD-Nutzung; Besucher können Schallplatten digitalisieren und Musik hören – eine Registrierung ist erforderlich, für die man aber kein Student sein muss. Architekt Max Dudler, der schon in vielen Städten Bibliotheken gebaut hat, schwärmt: „Es sind Orte der Begegnung, die trotz des Internet nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben.“
So soll es sein, auch hier in Werden.