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Mit geschlossenen Augen sitzt er da, lässt seine Finger über die Knöpfe flitzen, zieht und quetscht den Balg und bringt die Zungen zum Klingen. Abseits des Rummels zum Semestereinstieg zeigt sich Helmut C. Jacobs, Romanistikprofessor an der Universität Duisburg-Essen, ganz privat und präsentiert sein Hobby, das für ihn wohl eher eine Passion ist: Das Akkordeonspiel.
Leicht und transparent erklingt eine Sonate aus der Goya-Zeit im 18. Jahrhundert, dann erfüllt ein Fandango mit seinem virtuosen Klang den Hörsaal. Wo sich sonst die Studenten in den Reihen quetschen, um in die Wissenschaft einzutauchen, hat sich Helmut C. Jacobs heute seines Jacketts entledigt und das heiß geliebte Instrument umgehangen.
Anspruchsvolles Spiel
„Dabei hat es sich einst eher zufällig ergeben, dass ich dieses Instrument erlernt hab“, erinnert sich Jacobs. Als Zehnjähriger hatte er damals die Wahl, Gitarre oder Akkordeon zu lernen. Die Entscheidung fiel zu Gunsten des Akkordeons. „Und das Spiel auf diesem Instrument hat mir gleich Spaß gemacht“, strahlt der 53-Jährige. „Es ist anspruchsvoll und mich faszinieren bis heute die unglaublichen Ausdrucksmöglichkeiten.“ So schätzt Jacobs vor allem, die expressive Vielfalt, Rhythmus und Töne zu gestalten, die auch viel Raum zum Experimentieren lässt. „Zudem kann man das Instrument regelrecht zum Singen bringen und damit hebt es sich einzigartig von anderen Instrumenten wie beispielsweise dem Klavier ab,“ erklärt Jacobs.
Doch wer bei Akkordeonmusik gleich an Volksmusik oder Folklore denkt, hat Intention und Repertoire des Romanistikprofessors gewaltig unterschätzt. Denn ebenso wie er es liebt, in seinen Forschungsaufgaben das Besondere zu entdecken, so gilt das auch für die Musik. Helmut Jacobs hat die klassische Musik im Fokus und versucht dabei auch, immer wieder die Brücke zu seinen Forschungen zu schlagen.
Nach dem Studium der Germanistik und Romanistik in Bonn und Toulouse, der Promotion 1987 und der Habilitation 1995, lehrt und forscht Jacobs seit 1997 an der Uni Duisburg-Essen. Neben den Vorlesungen und Seminaren zur Spanischen Literaturwissenschaft widmet er sich vor allem der Goya-Forschung und zählt auf diesem Gebiet bundesweit zu den Experten.
Immer wieder knüpft Jacobs dabei die Verbindung zur Musik, taucht ein in alte Handschriften aus der Goya-Zeit, beschäftigt sich mit Komponisten wie Giulio Rigondi oder Wolfgang Jacobi und erarbeitet sich ihre längst vergessenen Werke auf dem Knopfakkordeon. „Es dauert mitunter Jahre, die Stücke perfekt zu spielen“, erzählt Jacobs, der seine Musik auch immer wieder auf CDs einspielt. So bietet beispielsweise Jacobs neueste CD „divertissement works for accordion“ einen Einblick in das vielseitige und virtuose Werk des Komponisten Wolfgang Jacobi. Und in das nächste Projekt, Forschung mit Musik zu verbinden, ist Jacobs schon abgetaucht: Mit Unterstützung der Goya-Stiftung in Aragonien sucht er derzeit alte Handschriften und Musikstücke zum Fandango, einem alten Tanz aus dem 18. Jahrhundert.
Jacobs musiziert jeden Tag und stößt zu Hause bei Ehefrau Inez und den drei Kindern mit seinem mal beschwingten mal virtuosen Knöpfchenspiel auf viel Verständnis, denn alle Familienmitglieder spielen irgendein Instrument. „Wenn auch selten zusammen“, schmunzelt Jacobs. Eine Vorstellung, wohin sich seine Musikleidenschaft entwickeln soll, hat der musizierende Professor allerdings nicht: „Musik hat so viele Seiten, und ich bin gespannt, was ich in Zukunft noch entdecken werde.“